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Landgericht Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 07.02.2013
5 S 595/12 -

Kein Schmerzensgeld bei Beleidigungen eines Polizeibeamten

Voraussetzung für Geldentschädigung ist schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlich­keits­rechts

Wird ein Polizeibeamter mit Kraftausdrücken beschimpft, so rechtfertigt dies regelmäßig keine Zahlung von Schmerzensgeld. Denn Voraussetzung für eine Geldentschädigung ist eine schwerwiegende Verletzung des allgemeinen Persönlich­keits­rechts. Dies ist bei Ausdrücken wie "Scheiß Bullenschwein" oder "dummes Arschloch" nicht der Fall. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Oldenburg hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Rahmen einer Blutentnahme zur Feststellung der Blutalkoholkonzentration beschimpfte der Tatverdächtige einen Polizeibeamten mit den Worten "Wichser", "Scheiß Bullenschwein", "Arschwichser" und "dummes Arschloch". Der Polizeibeamte klagte aufgrund dessen auf Zahlung eines Schmerzensgeldes.

Kein Anspruch auf Schmerzensgeld

Das Landgericht Oldenburg entschied gegen den Polizeibeamten. Ihm habe kein Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 823 BGB zugestanden. Zwar habe ein Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 1 und 2 GG) vorgelegen. Die Verletzung dieses Rechts begründe jedoch nur dann eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann.

Beachtung der Menschenwürde

In diesem Zusammenhang sei auch die Menschenwürde zu beachten (BVerfG, Beschl. v. 04.03.2004 - 1 BvR 2098/01), so das Landgericht weiter. Der sich aus der Menschenwürde ergebende Achtungsanspruch könne verletzt sein, wenn die Diffamierung der Person Ausdruck ihrer Missachtung ist. Dies könne etwa durch Leugnung oder Herabsetzung der persönlichen Eigenschaften und Merkmale, die das Wesen des Menschen ausmachen, geschehen. Zu beachten sei aber, dass sich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts Staatsbedienstete heftige, auch persönlich gemeinte Kritik gefallen lassen müssen.

Schwerwiegender Eingriff lag nicht vor

Das Landgericht wertete die Beleidigungen des Tatverdächtigen nicht als schwerwiegenden Eingriff. Denn die Äußerungen haben sich nicht gegen den Polizeibeamten als Person, sondern in seiner Eigenschaft als Polizist gerichtet. Beschimpfungen, die sich nicht an die individuellen Eigenschaften des Verletzten anknüpfen und bei denen keine weiteren Elemente, wie etwa anspucken, hinzukommen, reichen für eine Geldentschädigung rechtfertigende schwerwiegende Beeinträchtigung grundsätzlich nicht aus (vgl. LG Münster, Urt. v. 29.08.2002 - 8 S 210/02). Es sei zudem zu berücksichtigen gewesen, dass es sich hier lediglich um spontane Äußerungen eines alkoholisierten Tatverdächtigen handelte, der seinem Ärger über die polizeiliche Maßnahme Luft machte.

Entschädigung wegen Persönlichkeitsverletzung kein eigentliches Schmerzensgeld

Ferner gab das Landgericht zu bedenken, dass es sich bei der Entschädigung wegen einer Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nicht um ein Schmerzensgeld im eigentlichen Sinn handelt. Vielmehr beruhe die Zubilligung einer Geldentschädigung auf den Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktion bleiben würde. Zudem stehe der Gesichtspunkt der Genugtuung des Opfers im Vordergrund. Es müsse daher bei Beleidigungen genau differenziert werden, ob die Rechtsverletzung insgesamt sanktionslos bleiben würde, dem Verletzten Vorteile verbleiben, wie der Presse bei Rechtsverletzungen zur Gewinnerzielung, oder eine tiefgreifende Verletzung der Menschenwürde vorliegt.

Schutz der Menschenwürde durch Unterlassungsansprüche und Strafverfolgung

Davon ausgehend hat das Landgericht die Verhängung eines Schmerzensgeldes verneint. Denn weder habe eine tiefgreifende Verletzung der Menschenwürde vorgelegen, noch habe die Gewährung von Schmerzensgeld mehr Schutz vor Wiederholungen geboten als eine Unterlassungsklage oder die strafrechtliche Verfolgung.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.10.2013
Quelle: Landgericht Oldenburg, ra-online (vt/rb)

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