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Landgericht Köln, Beschluss vom 25.09.2008
109-1/08 -

Filesharing: Staatsanwaltschaft Köln verweigert Akteneinsicht einer Rechteinhaberin zur Ermittlung von Tätern einer Urheberrechts­verletzung

Ablehnung der Akteneinsicht wegen Unzuverlässigkeit der IP-Adressen-Ermittlung

Die Staatsanwaltschaft kann einer Rechteinhaberin die Einsicht in die Ermittlungsakten zur Feststellung welche Nutzer einer Internet-Tauschbörse sich hinter den ermittelten IP-Adressen befanden verweigern, wenn es Zweifel an der Zuverlässigkeit der Ermittlung an den IP-Adressen gibt. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Köln hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall stellte die Rechteinhaberin von Hörbüchern bei der Staatanwaltschaft Köln im Dezember 2012 Strafantrag wegen begangener Urheberrechtsverletzungen. Durch die Anzeige sollte die Staatsanwaltschaft veranlasst werden, bei den Providern nachzufragen, von welchen Internetanschlüssen die dynamischen IP-Adressen verwendet wurden. Nach Akteneinsicht sollte gegenüber den ermittelten Anschlussinhabern zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden. Nachdem die Staatsanwaltschaft die Informationen von den Providern erhielt, eröffnete sie 72 Einzelverfahren. Die Verfahren wurden aber zugleich wieder eingestellt. Zudem lehnte die Staatsanwaltschaft eine Akteneinsicht der Rechteinhaberin ab. Dagegen legte die Rechteinhaberin Beschwerde ein.

Recht zur Akteneinsicht bestand wegen schutzwürdiger Interessen des Anschlussinhabers nicht

Das Landgericht Köln entschied gegen die Rechteinhaberin. Ein Recht zur Akteneinsicht habe ihr nicht zugestanden. Zwar könne nach § 406 e StPO der Verletzte einer Straftat über einen Rechtsanwalt Einsicht in die Strafakten nehmen, soweit der dafür ein berechtigtes Interesse darlegt. Ein solches bestehe insbesondere, wenn die Akteneinsicht zur Vorbereitung der Geltendmachung von zivilrechtlichen Ansprüchen dient. Die Akteneinsicht sei aber zu versagen, wenn überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen dem entgegenstehen (§ 406 e Abs. 2 StPO). So habe der Fall hier gelegen.

Eingriff in die Persönlichkeitsrechte des Anschlussinhabers und anderer Mitnutzer

Die Offenlegung der ermittelten Anschlussinhaber würde nach Ansicht des Landgerichts in deren Persönlichkeitsrechte und in die Persönlichkeitsrechte aller Mitnutzer des Anschlusses eingreifen. So könne es je nach getauschtem Werk zu "Peinlichkeitseffekten" kommen. Dazu komme, dass vor allem die Anschlussinhaber damit rechnen müssen, in einem standardisierten Verfahren mit zivilrechtlichen Unterlassungsansprüchen sowie anwaltlichen Abmahnkosten von bis zu 500 € konfrontiert zu werden.

Interessen der Rechteinhaberin von geringem Gewicht

t Die Interessen der Rechteinhaberin bewertete das Gericht demgegenüber mit deutlich geringerem Gewicht. Es sah in diesem Zusammenhang vor allem als sehr kritisch an, dass hier ein sehr vager Anfangsverdacht bestand und somit das Bestehen zivilrechtliche Ansprüche zweifelhaft waren. Die Zuordnung konkreter Rechtsverstöße zu konkreten Personen sei aus Sicht des Gerichts nämlich besonders schwierig und zeichne sich durch eine extrem unbefriedigende Intransparenz der Geschehensabläufe aus. Denn IP-Adressen seien nicht einem bestimmten Nutzer zugeordnet, sondern werden nacheinander einer unüberschaubaren Vielzahl von Nutzern vorübergehend zugeordnet. Die Zuordnung zu einem konkreten Anschluss hänge daher davon ab, den genauen Zeitpunkt der Einwahl ins System und die Dauer der Sitzung zuverlässig zu ermitteln. Daran habe es hier gefehlt. In diesem Zusammenhang verwies das Gericht darauf, dass in einigen Verfahren die Ermittlung der IP-Adressen eine Fehlerquote von deutlich über 50 % aufwies. In einem Fall habe die Quote sogar bei über 90 % gelegen.

Möglichkeit der missbräuchlichen Benutzung des Anschlusses durch Dritte war zu beachten

Darüber hinaus habe selbst eine fehlerlose Ermittlung der IP-Adresse nicht zwangsläufig eine zivilrechtliche Haftung des Anschlussinhabers begründet, so das Landgericht weiter. Denn insofern bestehe die Möglichkeit der missbräuchlichen Nutzung des Anschlusses durch Dritte, etwa Familienangehörigen oder WG-Mitgliedern. Außerdem sei nicht ganz fernliegend, dass der Internetnutzer zufällig in eine Tauschbörse hineingeraten ist und daher eine unbewusste Teilnahme an einer Tauschbörse vorlag.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.07.2013
Quelle: Landgericht Köln, ra-online (vt/rb)

Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2009, 291Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2009, Seite: 291
  • NStZ-RR 2009, 319Zeitschrift: NStZ-Rechtsprechungsreport (NStZ-RR), Jahrgang: 2009, Seite: 319

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