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Landgericht Coburg, Urteil vom 10.07.2002
21 O 725/01 -

Zu den Folgen unrichtiger Angaben über Vorerkrankungen gegenüber der privaten Berufsunfähigkeitszusatzversicherung

Lügen lohnt nicht

Nur wer bei Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung zutreffende Angaben zu Vorerkrankungen macht, darf sich wirklich abgesichert fühlen. Dabei ist auch die Frage nach anormalen Schwangerschaftsverläufen wahrheitsgemäß zu beantworten.

Das entschied jetzt das Landgericht Coburg – und wies die Klage einer Versicherten auf Berufsunfähigkeitsrente unter anderem deshalb ab, weil sie die entsprechende Frage trotz einer Fehlgeburt mit „Nein“ beantwortet habe. Die Frage stelle ebenso wenig einen schwerwiegenden Eingriff in die Intimsphäre dar wie z. B. die nach Depressionen. Ein „Recht zur Lüge“ bestehe deshalb nicht.

Die Klägerin schloss bei der beklagten Versicherung eine sogenannte Berufsunfähigkeitszusatzversicherung ab. Im Antragsformular beantwortete sie aber sowohl die Frage nach anormalen Schwangerschaftsverläufen als auch die nach früheren Depressionen unzutreffend mit „Nein“. Als sie dann tatsächlich berufsunfähig wurde und die Rente von monatlich rund 800,- € verlangte, kam ihr die Versicherung auf die Schliche. Sie focht den Vertrag wegen Täuschung an und verweigerte Zahlungen. Die Klägerin hielt entgegen, bei der ersten Frage habe sie wegen Verletzung ihrer Intimsphäre lügen dürfen. Und trotz längerer Psychotherapie hätten die Depressionen keinen Krankheitswert gehabt.

Das Landgericht Coburg gab aber der Versicherung Recht. Die Schwangerschafts-Frage sei zurückhaltend gefasst und könne mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden. Hätte die Klägerin das Richtige angekreuzt, wäre angesichts der abstrakten Formulierung nichts offenbar geworden, was ihren intimsten Persönlichkeitsbereich berühre. Und ob den depressiven Zuständen tatsächlich Krankheitswert zukomme, sei angesichts des Therapieabbruchs nach mehr als sechs Monaten mit 16 Sitzungen nicht entscheidend. Aufgrund der Behandlungsdauer habe die Klägerin den Zustand als so erheblich empfinden müssen, dass sie die Frage nach Depressionen nur mit „Ja“ beantworten durfte. Die Klägerin habe die Versicherung somit getäuscht – und gehe deshalb leer aus.

Zur Rechtslage:

Genau wie beim Abschluss jedes anderen Vertrages darf auch der potentielle Versicherungsnehmer seinen zukünftigen Vertragspartner – die Versicherung – nicht anlügen. Sonst kann die den Vertrag gegebenenfalls wegen arglistiger Täuschung anfechten. Mit der Folge, dass der Anspruch auf Versicherungsleistungen erlischt.

Die maßgeblichen Vorschriften lauten:

§ 22 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) [Arglistige Täuschung]:

Das Recht des Versicherers, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung über Gefahrumstände anzufechten, bleibt unberührt.

§ 123 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) [Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung]:

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) ...

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Quelle: Pressemitteilung des LG Coburg vom 10.09.2002

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