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Die gesetzlichen Krankenkassen müssen nur die Krankenbehandlung bzw. Diagnostik leisten, die vom gesetzlichen Leistungskatalog erfasst werden. Dies gilt auch bei lebensbedrohlichen Erkrankungen, wenn zumutbare Alternativen zur Verfügung stehen, die allgemein anerkannten medizinischen Standards entsprechen. Ein Anspruch auf „Spitzenmedizin um jeden Preis“ besteht nicht. Dies entschied das Hessische Landessozialgericht.
Ein an einem Prostatakarzinom erkrankter Mann ließ im Jahre 2005 eine spezielle MRT-Diagnostik durchführen, die nur von einem Arzt in den Niederlanden angeboten wurde. Mit der so genannten USPIO-MRT können mittels winziger Eisenpartikel selbst kleine Lymphknoten-Metastasen identifiziert werden, die anderen diagnostischen Verfahren entgehen. Den Antrag des 74-jährigen Mannes auf Erstattung der Kosten in Höhe von 1.500 Euro lehnte die gesetzliche Krankenkasse mit der Begründung ab, dass diese spezielle Diagnostik keine Vertragsleistung darstelle. Hiergegen klagte der Mann aus Südhessen. Durch die USPIO-MRT-Diagnostik sei eine Operation, die mit erheblicher Wahrscheinlichkeit zu Inkontinenz und Impotenz geführt hätte, vermieden worden.
Die Richter des Hessischen Landessozialgericht und der Vorinstanz gaben der Versicherung Recht. Die gesetzlichen Krankenkassen müssten nicht alles leisten, was als Mittel zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit verfügbar sei. Der Maßstab für die Leistungspflicht der Krankenkassen bestehe nicht in der Gewährung von „Spitzenmedizin um jeden Preis“ bis an ihre medizinisch-technischen Grenzen. Da zur Behandlung und Diagnostik eines Prostatakarzinoms zumutbare Alternativen zur Verfügung stünden, die den allgemein anerkannten medizinischen Standards entsprechen, könne sich der Erkrankte auch nicht erfolgreich auf eine Verletzung seiner Grundrechte berufen.
(1) Die Krankenkassen stellen den Versicherten die im Dritten Kapitel genannten Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12) zur Verfügung, soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. (…) Qualität und Wirksamkeit der Leistungen haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen.
(1a) Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, können auch eine von Absatz 1 Satz 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Die Krankenkasse erteilt für Leistungen nach Satz 1 vor Beginn der Behandlung eine Kostenübernahmeerklärung, wenn Versicherte oder behandelnde Leistungserbringer dies beantragen. Mit der Kostenübernahmeerklärung wird die Abrechnungsmöglichkeit der Leistung nach Satz 1 festgestellt. (Absatz 1a wurde eingeführt mit Gesetz v. 22.12.2011)
(1) Die Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.
(3) Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. (…)
(4) Versicherte sind berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen (…) Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte. (…) Ist eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich, kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung auch ganz übernehmen.
(1) Versicherte haben Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. (…)
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 07.05.2012
Quelle: Hessisches Landessozialgericht/ra-online
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