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Wird die Kapitalertragsteueranrechnungsbescheinigung von dem ausstellenden Kreditinstitut widerrufen, obliegt es grundsätzlich dem Steuerpflichtigen, die Erhebung der Kapitalertragsteuer auf Dividenden- bzw. Dividendenkompensationszahlungen anhand anderer geeigneter Beweismittel nachzuweisen. Hierauf stützte das Hessische Finanzgericht seine Entscheidung in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gestützt, das die Einbehaltung und Abführung von Kapitalertragsteuer beim Verkauf von dividendenberechtigten Aktien um den Dividendenstichtag betraf.
Die Antragstellerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt ein Unternehmen, das die Verwaltung eigener Vermögenswerte, insbesondere den Handel mit Finanzinstrumenten für eigene Rechnung zum Gegenstand hatte. In den Jahren 2006 bis 2008 tätigte sie Geschäfte mit marktgängigen dividendenberechtigten Aktien deutscher Aktiengesellschaften, die überwiegend im DAX 30 und vereinzelt in M-DAX gelistet waren. Die Aktien wurden kurz vor bzw. am Tag der jeweiligen Hauptversammlung "cum dividende" gekauft und kurz nach der Dividendenzahlung wieder verkauft. Dazu hatte die Antragstellerin einer Bank, die zugleich die Konten- und Wertpapierdepots der Antragstellerin führte, einen schriftlichen Auftrag zur Ausführung von Wertpapier- und Derivatgeschäften erteilt. Die Bank bescheinigte der Antragstellerin in den Jahressteuerbescheinigungen für die Streitjahre zunächst den Einbehalt der Kapitalertragsteuer auf Dividendenerträge. Nachdem das Finanzamt daraufhin Körperschaftsteuerbescheide erlassen hatte, in denen jeweils Kapitalertragsteuer auf Dividendenerträge in beträchtlicher Höhe angerechnet worden war, erließ es im Zuge einer Betriebsprüfung bei der Antragstellerin für die Jahre 2006 bis 2008 geänderte Anrechnungsverfügungen. Darin wurde die Anrechnung der Kapitalertragsteuer gemäß § 130 Abs. 2 Nr. 3 Abgabenordnung (AO) zurückgenommen, was zur Rückforderung der Anrechnungsbeträge nebst Festsetzung von Zinsen in erheblicher Höhe führte, weil die Bank zwischenzeitlich die Jahressteuerbescheinigungen widerrufen hatte.
Das Hessische Finanzgericht lehnte den Antrag der Antragstellerin auf Aussetzung der Vollziehung der geänderten Anrechnungsverfügungen für 2006 bis 2008 ab. Es entschied, dass die Voraussetzungen für eine Änderung der Anrechnungsbescheide vorgelegen hätten, weil die Antragstellerin durch ihre Angaben in den Steuererklärungen und durch die vorgelegten Bescheinigungen zu Unrecht den Eindruck erweckt habe, dass anrechenbare Kapitalertragsteuer vorliege, um die die Körperschaftsteuerschuld zu mindern sei.
Entscheidend sei, ob auf die zu erfassenden Einkünfte der Steuerabzug tatsächlich vorgenommen worden sei. Zwar habe die Antragstellerin bei Abgabe der Steuererklärungen eine Anrechnungsbescheinigung der Bank vorgelegt, was regelmäßig den Anscheinsbeweis für die Zahlung der anzurechnenden Kapitalertragsteuer erbringe. Wenn aber - wie im Streitfall - die ausstellende Bank die Bescheinigung zurückfordere, weil wegen möglicher Einschaltung einer ausländischen Depotbank begründete Zweifel an dem Einbehalt der Kapitalertragsteuer auf die geleisteten Zahlungen bestünden, könne die Bescheinigung keinen Nachweis mehr für die Entrichtung der Kapitalertragsteuer bieten. Um die Anrechnung erhobener Kapitalertragsteuer zu erreichen, bedürfe es in einem solchen Fall zum Nachweis für die Erhebung der Kapitalertragsteuer anderer geeigneter Beweismittel. Diesen Nachweis habe die Antragstellerin aber nicht erbracht. Die Erwägung, dass das Gesetz eine mehrfache Anrechnung nur einmal entrichteter Kapitalertragsteuer zulasse, teilte das Gericht nicht.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.10.2012
Quelle: Hessisches Finanzgericht/ra-online
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