kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.
Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.
Mit einer rückwirkenden Anwendung des geänderten § 67 d Absatz 3 des Strafgesetzbuches und einer daraus resultierenden Verlängerung einer Sicherungsverwahrung eines Straftäters über die zur Tatzeit zulässige Höchstdauer hinaus, hat Deutschland gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen. Dies entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und sprach dem Beschwerdeführer deshalb eine Entschädigung in Höhe von 50.000 Euro zu.
Der Beschwerdeführer, M., ist deutscher Staatsbürger, 1957 geboren, und derzeit in der JVA Schwalmstadt in Haft. Er ist wegen schwerer Verbrechen vielfach vorbestraft und wurde zuletzt im November 1986 vom Landgericht Marburg wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit Raub zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Zugleich ordnete das Gericht seine Unterbringung in der
Nach Verbüßung seiner Freiheitsstrafe beantragte der Beschwerdeführer zwischen 1992 und 1998 mehrmals erfolglos die Aussetzung seiner Unterbringung in der
Beide Gerichte beriefen sich auf § 67 d Absatz 3 des Strafgesetzbuches (StGB) in seiner Fassung nach der Änderung von 1998. Mit der Änderung, die auch auf die vor der Neuregelung angeordneten Fälle anzuwenden ist, wurde die früher vorgeschriebene Höchstgrenze von zehn Jahren bei einer erstmalig angeordneten
Im Februar 2004 wies das Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Urteil v. 05.02.2004 - 2 BvR 2029/01 -) die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen diese Gerichtsentscheidungen in einem ausführlichen Leiturteil zurück, das auf die grundlegende Unterscheidung zwischen Strafen und Maßregeln der Besserung und Sicherung nach dem StGB verwies. Das absolute Rückwirkungsverbot für Strafen nach Artikel 103, Absatz 2 GG sei auf Maßregeln der Besserung und Sicherung, wie die
Der Beschwerdeführer legte am 24. Mai 2004 Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein und beklagte sich unter Berufung auf Artikel 5 § 1, dass seine fortwährende Haft sein Recht auf Freiheit verletze. Insbesondere trug er vor, dass es keinen ausreichenden Kausalzusammenhang zwischen seiner Verurteilung 1986 und seiner weiter andauernden Haft nach zehn Jahren in der
Der Gerichtshof unterstrich zunächst, dass die
Im Hinblick auf die
Darüber hinaus befand der Gerichtshof, dass die von den Gerichten festgestellte Gefahr, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Freilassung weitere schwere Straftaten begehen könnte, nicht konkret und spezifisch genug war, um Artikel 5 § 1 (c) zu genügen. Weiterhin konnte der Beschwerdeführer nicht als „psychisch Kranker“ im Sinne von Artikel 5 § 1 (e) in der
Der Gerichtshof kam daher einstimmig zu dem Schluss, dass die
Der Gerichtshof hatte in erster Linie darüber zu befinden, ob die
Weiterhin nahm der Gerichtshof zur Kenntnis, dass derzeit in Deutschland keine ausreichende psychologische Betreuung speziell für die Bedürfnisse von Häftlingen in der
Der Gerichtshof unterstrich, dass es nach der gesetzlichen Neuregelung von 1998 keine Höchstdauer mehr für die
Ferner war der Gerichtshof nicht davon überzeugt, dass es sich bei der
Der Gerichtshof kam daher einstimmig zu dem Schluss, dass eine Verletzung von Artikel 7 § 1 vorlag und sprach dem Beschwerdeführer 50.000 Euro für den erlittenen immateriellen Schaden zu.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.12.2009
Quelle: ra-online, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte
Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/EuropGMR_1935904_Nachtraegliche-Verlaengerung-der-Sicherungsverwahrung-ueber-die-zulaessige-Hoechstdauer-hinaus-nicht-zulaessig~N8956
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.
Dokument-Nr. 8956
kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH
Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.
Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.