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Der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde eines Straftäters zurückgewiesen, der über die früher gesetzlich geregelte Höchstgrenze von zehn Jahren hinaus in der Sicherungsverwahrung untergebracht ist. Ohne die von dem Beschwerdeführer angegriffene Neuregelung wäre er im Jahr 2001 wegen Ablaufs der Zehnjahresfrist aus dem Maßregelvollzug zu entlassen gewesen.
Das Bundesverfassungsgericht stellt in dieser Entscheidung nicht nur fest, dass die Rechtsgrundlage zur Streichung der zehnjährigen Höchstgrenze mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Vielmehr enthält die Entscheidung grundlegende Aussagen zur Vereinbarkeit der
Der Straftäter ist über die frühere Höchstgrenze von zehn Jahren hinaus in der
Der Beschwerdeführer (Bf) ist wegen schwerer Verbrechen vielfach vorbestraft und befand sich seit seinem 15. Lebensjahr nur wenige Monate in Freiheit. Zuletzt wurde er 1986 wegen versuchten Mordes in Tateinheit mit Raub zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Zugleich wurde seine Unterbringung in der
Zu dem Verfahren haben bisher die Bundesregierung, der Bundesgerichtshof, der Generalbundesanwalt, das Bayerische Staatsministerium der Justiz, die Niedersächsische Landesregierung sowie die Hessische Staatskanzlei Stellung genommen.
1. Die Unterbringung in der
Diesem Maßstab genügt die
Die
2. Ein Verstoß gegen das Freiheitsgrundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG liegt ebenfalls nicht vor. Die
Mit der möglicherweise lebenslangen
Die Neuregelung genügt den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Der Beurteilungsspielraum des Gesetzgebers hinsichtlich der Eignung und Erforderlichkeit des von ihm gewählten Mittels sowie der dabei notwendigen Einschätzung und Prognose des Gefahrenpotentials ist vom Bundesverfassungsgericht nur begrenzt überprüfbar. Die Prognoseunsicherheiten im Zusammenhang mit der Unterbringung wirken sich auf die Mindestanforderungen an Prognosegutachten und deren Bewertung im Zusammenhang mit dem Übermaßverbot aus, beseitigen aber weder die Eignung noch die Erforderlichkeit des Freiheitseingriffs. Im übrigen hat sich in der Praxis der forensischen Psychiatrie das Wissen um die Risikofaktoren in den letzten Jahren erheblich verbessert. Gerade für die seltenen Fälle hochgradiger Gefährlichkeit bildet sie eine taugliche Entscheidungsgrundlage. Der Freiheitsentzug muss zumutbar bleiben, um eine übermäßige Belastung zu vermeiden. Das Freiheitsgrundrecht des Betroffenen ist sowohl auf der Ebene des Verfahrensrechts als auch materiell abzusichern.
Diesen materiellen Anforderungen des Übermaßverbots kommt der Gesetzgeber nach, indem er für die Fortdauer der
3. Das absolute
Der Anwendungsbereich des absoluten Rückwirkungsverbots ist auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten hoheitlich missbilligen und wegen dieses Verhaltens ein schuldausgleichendes Übel verhängen. Neben der Entstehungsgeschichte der Verfassungsnorm bestätigen dies systematische sowie am Gesetzeszweck orientierte Überlegungen: Das absolute
4. Die Neuregelung ist auch mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot nach Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar. Es handelt sich um eine zulässige tatbestandliche Rückanknüpfung.
Die Verlässlichkeit der Rechtsordnung ist eine Grundbedingung freiheitlicher Verfassungen. Es bedarf deshalb einer besonderen Rechtfertigung, wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolgen eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert. Der Vergangenheitsbezug der Neuregelung ergibt sich daraus, dass sie auch Fälle betrifft, in denen die
Die Schutzwürdigkeit des Vertrauens auf den Fortbestand der bisherigen Zehnjahresgrenze stand nach den Regelungen zur zeitlichen Geltung des Strafgesetzbuchs (§ 2 Abs. 6 StGB) von Anfang an unter dem Vorbehalt einer gesetzlichen Änderung.
Die Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit überwiegt das Vertrauen der Betroffenen auf den Fortbestand der alten Zehnjahresgrenze. Der Staat hat die Aufgabe, die Grundrechte potentieller Opfer vor Verletzungen durch potentielle Straftäter zu schützen. Diese Schutzpflicht des Staates ist umso intensiver, je mehr die Gefährdung sich konkretisiert und individualisiert und je stärker sie elementare Lebensbereiche betrifft. Es ist daher trotz des hohen Werts des Freiheitsgrundrechts verfassungsrechtlich unbedenklich, die Neuregelung auch auf diejenigen Untergebrachten anzuwenden, bei denen die
1. a) Die Menschenwürde wird auch durch eine langdauernde Unterbringung in der Sicherungsverwahrung nicht verletzt, wenn diese wegen fortdauernder Gefährlichkeit des Untergebrachten notwendig ist. Erforderlich ist aber auch in diesen Fällen, die Eigenständigkeit des Untergebrachten zu wahren, seine Würde zu achten und zu schützen. Daher muss die Sicherungsverwahrung ebenso wie der Strafvollzug darauf ausgerichtet sein, die Voraussetzungen für ein verantwortliches Leben in Freiheit zu schaffen.
b) Für das Institut der Sicherungsverwahrung folgt aus Art. 1 Abs. 1 GG kein verfassungsrechtliches Gebot, schon bei der Anordnung der Sicherungsverwahrung oder in einem späteren Überprüfungszeitpunkt eine Höchstfrist des Vollzugs festzusetzen. Es ist nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber vorsieht, dass eine verbindliche Entscheidung über den voraussichtlichen Entlassungszeitpunkt beim Sicherungsverwahrten nicht im Vorhinein getroffen wird.
2. a) Je länger die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung andauert, umso strenger sind die Voraussetzungen für ihre Fortdauer.
b) Die Vorschrift des § 67 d Abs. 3 StGB trägt der verstärkten Geltung des Freiheitsanspruchs nach zehnjähriger Verwahrdauer Rechnung, indem sie erhöhte Anforderungen an das bedrohte Rechtsgut und den Nachweis der Gefährlichkeit des Verwahrten stellt und nur ausnahmsweise die Fortsetzung der Vollstreckung gestattet.
c) Wegen der besonderen Bedeutung der Vollzugslockerungen für die Prognosebasis darf sich das Vollstreckungsgericht nicht damit abfinden, dass die Vollzugsbehörde ohne hinreichenden Grund Vollzugslockerungen versagt, welche die Erledigung der Maßregel vorbereiten können.
d) Die Landesjustizverwaltungen haben dafür Sorge zu tragen, dass Möglichkeiten der Besserstellung im Vollzug der Sicherungsverwahrung soweit ausgeschöpft werden, wie sich dies mit den Belangen der Justizvollzugsanstalten verträgt.
3. Der Anwendungsbereich von Art. 103 Abs. 2 GG ist auf staatliche Maßnahmen beschränkt, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient.
4. Der Wegfall der Höchstfrist für eine erstmalig angeordnete Sicherungsverwahrung und die Anwendbarkeit auf Straftäter, bei denen die Sicherungsverwahrung vor Verkündung und Inkrafttreten der Novelle angeordnet und noch nicht erledigt war, steht im Einklang mit dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzgebot (Art. 2 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG).
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.01.2005
Quelle: ra-online, Bundesverfassungsgericht
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Dokument-Nr. 212
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