Die spanische Magefesa-Gruppe, die Haushaltsartikel aus rostfreiem Stahl und kleine Elektrogeräte herstellt, besteht aus vier Industrieunternehmen, nämlich Indosa (Baskenland), MIGSA (Andalusien) sowie Cunosa und GURSA (Kantabrien). Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Gruppe gewährten ihr die spanische Zentralregierung und mehrere autonome Regionalregierungen eine Reihe von Beihilfen in Form von Darlehensbürgschaften, eines Darlehens zu nicht marktüblichen Bedingungen, verlorenen Zuschüssen und Zinszuschüssen.
Mit Entscheidung vom 20. Dezember 1989* erklärte die Kommission diese Beihilfen für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und forderte die spanischen Behörden auf, sie zurückzufordern. Da die Kommission der Ansicht war, dass Spanien innerhalb der gesetzten Fristen nicht die erforderlichen Maßnahmen getroffen habe, um dieser Entscheidung nachzukommen, erhob sie Klage vor dem Gerichtshof. Mit Urteil vom 2. Juli 2002** stellte der Gerichtshof fest, dass Spanien gegen seine Verpflichtung verstoßen habe, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der Entscheidung der Kommission nachzukommen.
Im Jahr 2006 gelangte die Kommission zu der Ansicht, dass das Urteil in Bezug auf GURSA, MIGSA und Cunosa durchgeführt worden sei. Hinsichtlich der Gesellschaft Indosa war dies ihrer Meinung nach dagegen nicht der Fall. Denn die Beihilfen, die diese Gesellschaft erhalten hatte, waren nicht zurückerlangt worden, während ihre Tätigkeiten – obwohl die Gesellschaft 1994 Konkurs angemeldet hatte – zunächst durch Indosa selbst und später durch die Compañía de Menaje Doméstico, S.A. (CMD) – fortgeführt wurden. CMD, eine 100 %-ige Tochtergesellschaft von Indosa, war von deren Konkursverwalter gegründet worden, um die Erzeugnisse des Unternehmens zu vermarkten, wobei die Vermögensgegenstände und die Belegschaft von Indosda auf CMD übergeleitet worden waren. Nachdem CMD 2008 Konkurs angemeldet hatte, gründete ein Teil ihrer ehemaligen Arbeitnehmer das Unternehmen Euskomenaje, das in den Räumlichkeiten von CMD die bezuschusste Tätigkeit fortführte und dem gestattet wurde, bis zum Abschluss des Liquidationsverfahrens von CMD kostenlos deren Vermögensgegenstände zu nutzen. In diesem Kontext hat die Kommission den Gerichtshof im Jahr 2010 um die Feststellung ersucht, dass Spanien eine Vertragsverletzung in Form der Nichtdurchführung des Urteils des Gerichtshofs von 2002 begangen hat.
Mit seinem zweiten Urteil entscheidet der Gerichtshof, dass Spanien gegen seine Verpflichtung verstoßen hat, das Urteil von 2002 durchzuführen, demzufolge Spanien die erforderlichen Maßnahmen ergreifen musste, um der Entscheidung der Kommission aus dem Jahr 1989 nachzukommen, mit der Spanien auferlegt worden war, die Indosa gewährten rechtswidrigen Beihilfen zurückzufordern.
Vorab erinnert der Gerichtshof an seine Rechtsprechung, wonach die Tatsache, dass sich ein Unternehmen in Schwierigkeiten befindet oder in Konkurs gefallen ist, die Verpflichtung, rechtswidrig geflossene Beihilfen zurückzufordern, nicht berührt. Die Wettbewerbsverzerrung, die sich aus diesen Beihilfen ergibt, kann grundsätzlich im Rahmen des Konkursverfahrens dadurch beseitigt werden, dass die Forderung nach Rückerstattung der fraglichen Beihilfen in die Forderungstabelle eingetragen wird.
Bei CMD – von der die Beihilfen hätten zurückgefordert werden müssen – war eine derartige Forderung vor Ablauf der von der Kommission gesetzten Frist (am 22. Mai 2010) im Rahmen des Konkursverfahrens aber nicht in die Forderungstabelle eingetragen worden. Erst nach Ablauf dieser Frist, zwischen Dezember 2010 und Dezember 2011, stellte die Autonome Gemeinschaft des Baskenlands eine Reihe von – mehrmals betragsmäßig nach oben korrigierten – Anträgen, die darauf abzielten, eine Forderung zugunsten des Baskenlands als Verbindlichkeit von CMD eintragen zu lassen***.
Sodann unterstreicht der Gerichtshof, dass eine derartige Eintragung im vorliegenden Fall für sich genommen nicht ausreicht, um die Verpflichtung zur Durchführung des Urteils von 2002 zu erfüllen. Denn zur Erfüllung dieser Verpflichtung reicht die Eintragung nur aus, wenn das Konkursverfahren in dem Fall, dass die Behörden nicht alle rechtswidrigen Beihilfen zurückerlangen konnten, zur endgültigen Einstellung der Tätigkeit des Unternehmens führt, das die Beihilfen erhalten hat. Mit der Rückforderung von Beihilfen, die für mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt worden sind, soll die Wettbewerbsverzerrung beseitigt werden, die durch den Wettbewerbsvorteil bewirkt wird, den der Empfänger dieser Beihilfen auf dem Markt gegenüber seinen Mitbewerbern besaß, so dass die Lage vor der Zahlung der Beihilfen wiederhergestellt wird. Die Fortführung der Tätigkeit eines in Konkurs gefallenen Unternehmens durch andere Unternehmen, ohne dass die betreffenden Beihilfen vollständig zurückerlangt wurden, ist geeignet, die durch die Beihilfen verursachte Wettbewerbsverzerrung fortdauern zu lassen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Unternehmen die Vermögensgegenstände der in Liquidation befindlichen Gesellschaft erwirbt, ohne dafür eine marktübliche Gegenleistung zu erbringen, oder wenn seine Gründung bewirkt, dass die Verpflichtung zur Rückerstattung der Beihilfen umgangen wird. Insoweit machen nach Ansicht des Gerichtshofs mehrere Gesichtspunkte deutlich, dass Euskomenaje in den Genuss des mit den Beihilfen verbundenen Wettbewerbsvorteils kommt. Die im Konkursverfahren von CMD eingetretenen Entwicklungen zeigen, dass mit ihnen das Ziel verfolgt wurde, das Fortdauern der bezuschussten Tätigkeit sicherzustellen, obwohl die fraglichen rechtswidrigen Beihilfen nicht zurückerlangt worden waren.
Infolgedessen stellt der Gerichtshof fest, dass die Spanien vorgeworfene Vertragsverletzung bis zur Prüfung des vorliegenden Sachverhalts durch den Gerichtshof fortgedauert hat. Unter diesen Umständen ist der Gerichtshof der Ansicht, dass die Verurteilung Spaniens zur Zahlung eines Zwangsgelds ein geeignetes finanzielles Mittel darstellt, um Spanien dazu zu veranlassen, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die Vertragsverletzung zu beenden. Daher verurteilt der Gerichtshof Spanien, ab sofort ein Zwangsgeld in Höhe von 50.000 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung der Maßnahmen zu zahlen, die erforderlich sind, um dem Urteil von 2002 nachzukommen.
Außerdem verurteilt der Gerichtshof Spanien zur Zahlung eines Pauschalbetrags von 20 Mio. Euro. Seiner Ansicht nach deuten sämtliche Gesichtspunkte in dieser Rechtssache darauf hin, dass die wirksame Verhinderung einer künftigen Wiederholung entsprechender Verstöße gegen das Unionsrecht den Erlass einer solchen abschreckenden Maßnahme erfordert. Der Betrag ist den Umständen angepasst worden und steht in angemessenem Verhältnis sowohl zum festgestellten Verstoß als auch zur Zahlungsfähigkeit Spaniens. Der Gerichtshof hebt hierbei die Dauer und die Schwere der Vertragsverletzung hervor. Zum einen dauert die Vertragsverletzung seit mehr als 10 Jahren ab der Verkündung des ersten Urteils des Gerichtshofs und seit mehr als 22 Jahren ab dem Erlass der Entscheidung der Kommission an. Auch wenn Spanien kürzlich eine Reihe von Schritten unternommen hat, die von einem ernstlichen Willen zeugen, die fragliche Vertragsverletzung zu beenden, sind diese Schritte doch erst kurz vor der Anrufung des Gerichtshofs und im Wesentlichen erst danach erfolgt. Spanien hat somit während langer Jahre nicht die erforderliche Sorgfalt an den Tag gelegt. Zum anderen sollten der Durchführung des Urteils von 2002 keine größeren Schwierigkeiten entgegenstehen, weil die Zahl der Empfänger der fraglichen rechtswidrigen Beihilfen gering war, sie namentlich bekannt waren und die zurückzufordernden Beträge angegeben wurden.
Die aus den finanziellen Sanktionen, die mit dem vorliegenden Urteil verhängt werden, resultierenden Beträge sind an die Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union“ zu zahlen.