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Das Unionsrecht steht einem öffentlichen Auftrag, für den der öffentliche Auftraggeber verlangt oder wünscht, dass bestimmte zu liefernde Erzeugnisse aus ökologischer Landwirtschaft oder fairem Handel stammen, nicht grundsätzlich entgegen. Der öffentliche Auftraggeber muss jedoch insbesondere detaillierte Spezifikationen verwenden, anstatt auf Umweltgütezeichen oder bestimmte Gütezeichen Bezug zu nehmen. Dies entschied der Gerichtshof der Europäischen Union.
Das niederländische privatrechtliche Gütezeichen EKO wird für Erzeugnisse vergeben, die zu mindestens 95 % aus
Im August 2008 veröffentlichte die Provinz Nord-Holland (Niederlande) eine Bekanntmachung über die Vergabe eines öffentlichen Auftrags für die Lieferung und Bewirtschaftung von Kaffeeautomaten. In dieser Bekanntmachung wurde hervorgehoben, dass die Provinz Wert auf eine vermehrte Verwendung von ökologischen und Fair-Trade-Erzeugnissen in Kaffeeautomaten legte. Zudem war genauer angegeben, dass „die Provinz Nord-Holland beim Kaffee- und Teeverzehr das MAX HAVELAAR- und das EKO-Gütezeichen verwendet“ und dass andere Zutaten als Kaffee oder Tee wie Milch, Zucker und Kakao diesen beiden Gütezeichen entsprechen sollten. Wenig später wurde in einer Informationsmitteilung erläutert, dass andere Gütezeichen auch akzeptiert würden, „solange die Kriterien vergleichbar oder identisch sind“.
Aufgrund dessen hat die Europäische Kommission eine Vertragsverletzungsklage gegen die Niederlande erhoben und einen Verstoß gegen die Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge* geltend gemacht. Die Kommission wirft der Provinz insbesondere vor, in den technischen Spezifikationen (die den Gegenstand des Auftrags festlegen) die Gütezeichen EKO und MAX HAVELAAR oder jedenfalls auf vergleichbaren oder denselben Kriterien beruhende Gütezeichen vorgeschrieben zu haben.
Hierzu weist der Gerichtshof darauf hin, dass technische Spezifikationen in Form von Leistungs- oder Funktionsanforderungen formuliert werden können, die Umwelteigenschaften umfassen können. Das EKO-Gütezeichen stellt, soweit es auf „Umwelteigenschaften“ beruht und die in der Richtlinie aufgezählten Voraussetzungen erfüllt, ein Umweltgütezeichen im Sinne der Richtlinie dar. Indem die Provinz Nord-Holland vorgeschrieben hat, dass bestimmte zu liefernde Erzeugnisse mit einem bestimmten Umweltgütezeichen versehen sind, anstatt die für dieses Umweltgütezeichen festgelegten detaillierten Spezifikationen zu verwenden, hat sie jedoch eine mit der Richtlinie unvereinbare technische Spezifikation aufgestellt. Die Anforderung in Bezug auf das MAX HAVELAAR-Gütezeichen ist nach ihrem Gegenstand keine technische Spezifikation, sondern eine Bedingung für die Auftragsausführung. Der Gerichtshof weist daher die Rüge der Kommission insoweit zurück, ohne zu prüfen, ob diese Bedingung richtlinienkonform formuliert wurde.
Sodann wirft die Kommission der Provinz vor, ein Zuschlagskriterium (das dazu dient, das aus der Sicht des öffentlichen Auftraggebers wirtschaftlich günstigste Angebot zu ermitteln) aufgestellt zu haben, wonach die anderen zu liefernden Zutaten als Tee und Kaffee mit den Gütezeichen EKO oder MAX HAVELAAR ausgestattet sein müssten. In diesem Zusammenhang hebt der Gerichtshof hervor, dass nach der Richtlinie öffentliche Auftraggeber Zuschlagskriterien wählen dürfen, die auf Umwelt- oder soziale Aspekte gestützt sind. Die sozialen Aspekte können die Nutzer oder Nutznießer der Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Auftrags sind, aber auch andere Personen betreffen. Aus der Fassung des streitigen Zuschlagskriteriums ergibt sich im Übrigen, dass dieses ausschließlich die im Rahmen des Auftrags zu liefernden Zutaten betraf und keine Auswirkung auf die allgemeine Einkaufspolitik der Bieter hatte. Mithin bezog sich dieses Kriterium auf Erzeugnisse, deren Lieferung ein Teil des Gegenstands des fraglichen Auftrags war. Grundsätzlich steht somit einem Zuschlagskriterium, das darauf abstellt, dass ein Erzeugnis fair gehandelt worden ist, nichts entgegen.
Zur Art und Weise, in der solche Zuschlagskriterien formuliert werden können, führt der Gerichtshof aus, dass die Bestimmungen der Richtlinie über die Verwendung eines Umweltgütezeichens im Rahmen der Formulierung einer technischen Spezifikation relevante Hinweise enthalten. Der Unionsgesetzgeber hat den öffentlichen Auftraggebern gestattet, die einem Umweltgütezeichen zugrunde liegenden Kriterien anzuwenden, um bestimmte Eigenschaften eines Erzeugnisses vorzuschreiben. Er gestattet es jedoch nicht, aus einem Umweltgütezeichen eine technische Spezifikation zu machen. Das Umweltgütezeichen kann nur herangezogen werden, um die Vermutung zu begründen, dass die mit ihm versehenen Erzeugnisse die so definierten Eigenschaften erfüllen; dabei bleibt jedes andere geeignete Beweismittel ausdrücklich vorbehalten. Indem die Provinz im Rahmen der Auswahl des wirtschaftlich günstigsten Angebots für bestimmte Erzeugnisse, die mit bestimmten Gütezeichen versehen sind, eine Anzahl von Punkten vergeben hat, anstatt die Kriterien, die diesen Gütezeichen zugrunde liegen, aufzuführen und zuzulassen, dass der Nachweis, dass ein Erzeugnis diesen Kriterien genügt, durch jedes andere geeignete Beweismittel erbracht werden kann, hat sie ein mit der Richtlinie unvereinbares Zuschlagskriterium aufgestellt.
Schließlich macht die Kommission geltend, dass die Anforderung, mit der dem Zuschlagsempfänger aufgegeben worden sei, die „Kriterien der Nachhaltigkeit der Einkäufe“ und des „gesellschaftlich verantwortlichen Verhaltens“ einzuhalten, gegen die Richtlinie verstoße. Der Gerichtshof stellt fest, dass die Provinz Nord-Holland eine nicht erlaubte Mindestanforderung an die technische Leistungsfähigkeit aufgestellt hat, indem sie im Lastenheft diese Bedingungen vorgeschrieben hat.
Ferner weist der Gerichtshof darauf hin, dass der Grundsatz der Transparenz bedeutet, dass alle Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens klar, präzise und eindeutig in der Vergabebekanntmachung oder dem Lastenheft formuliert werden. Damit können zum einen alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden Bieter die genaue Bedeutung dieser Bedingungen und Modalitäten verstehen und sie in gleicher Weise auslegen, und zum anderen kann der Auftraggeber tatsächlich überprüfen, ob die Angebote der Bieter die für den betreffenden
Daher entscheidet der Gerichtshof, dass die Niederlande ihren Verpflichtungen aus der Richtlinie über die Vergabe öffentlicher Aufträge nicht nachgekommen sind.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 11.05.2012
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
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Dokument-Nr. 13486
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