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Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil vom 19.06.2014
C-217/13, C-218/13 -

EuGH: Zur Feststellung der Unter­scheidungs­kraft einer Marke kann eine Verbraucher­befragung durchgeführt werden

Keine Bejahung einer Unter­scheidungs­kraft anhand eines bestimmten allgemein geltenden Prozentsatzes

Um die Frage zu klären, ob eine Marke Unter­scheidungs­kraft besitzt, kann die zuständige Behörde eine Verbraucher­befragung durchführen. Deren Ergebnis entscheidet aber nicht allein über die Unter­scheidungs­kraft. Daher verbietet es sich einen allgemein geltenden bestimmten Prozentsatz festzulegen, ab dem von einer Unter­scheidungs­kraft auszugehen ist. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Union entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband beantragte im Februar 2002 die Eintragung der Farbe Rot HKS 13 als Marke. Diesem Antrag kam das Deutsche Patent- und Markenamt nach und trug die abstrakte Farbe im Juli 2007 als Marke ein. Zwar erkannte die Behörde, dass die Farbe als solche nicht unterscheidungskräftig ist. Eine durchgeführte Verbraucherbefragung habe jedoch ergeben, dass 67,9 % der Verbraucher die Farbe mit dem Deutschen Sparkassen- und Giroverband in Verbindung brachte. Die Unterscheidungskraft habe sich daher aus der Benutzung der Farbe durch den Verband ergeben. Gegen die Eintragung wurde beim Bundespatentgericht Beschwerde eingelegt.

Bundespatentgericht hielt Bekanntheitsgrad von 70 % für erforderlich

Das Bundespatentgericht hielt die Durchführung einer Umfrage zur Klärung des Bekanntheitsgrades und somit zur Unterscheidungskraft der Farbe für zulässig. Seiner Ansicht müsse jedoch die Befragung einen Bekanntheitsgrad von mindestens 70 % ergeben, um eine Unterscheidungskraft anzunehmen. Das Gericht war sich jedoch unsicher, ob dieses Erfordernis mit dem EU-Recht vereinbar ist. Es setzte daher das Verfahren aus und bat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Klärung der Frage, ob zur Bejahung der Unterscheidungskraft ein Bekanntheitsgrad von mindestens 70 % gefordert werden darf.

EuGH verneinte Erfordernis eines bestimmten generell geltenden Prozentsatzes

Der EuGH führte zunächst aus, dass zur Eintragung einer Marke dessen Unterscheidungskraft Voraussetzung sei. Sie müsse geeignet sein, die Ware oder Dienstleistung als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und diese Ware oder Dienstleistung von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Ob dies der Fall sei, könne die zuständige Behörde anhand des Marktanteils der Marke, der Intensität, geografischen Verbreitung und Dauer ihrer Benutzung, des Werbeaufwands des Unternehmens für die Marke sowie der Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden prüfen. Auch die Durchführung von Verbraucherbefragungen sei zulässig. In diesem Zusammenhang komme es aber nicht auf bestimmte generell geltende Prozentangaben an. Vielmehr habe die zuständige Behörde in jedem Einzelfall zu entscheiden, welchen Prozentsatz sie für erforderlich hält. Es sei zu beachten, dass das Ergebnis einer Befragung nicht allein über eine Unterscheidungskraft entscheidet.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.08.2014
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union, ra-online (vt/rb)

Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • GRUR 2014, 776Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht (GRUR), Jahrgang: 2014, Seite: 776
  • GRURInt 2014, 815Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Internationaler Teil (GRURInt), Jahrgang: 2014, Seite: 815
  • GRURPrax 2014, 323 (Birgit Clark)Zeitschrift: Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Praxis im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht (GRURPrax), Jahrgang: 2014, Seite: 323, Entscheidungsbesprechung von Birgit Clark

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