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Ein Mitgliedsstaat, der mit einem Asylantrag befasst ist, muss die Mindestbedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern auch dann gewähren, wenn er einen anderen Mitgliedsstaat, den er für die Prüfung des Antrags für zuständig hält, um Aufnahme ersucht. Diese Verpflichtung gilt grundsätzlich ab der Einreichung des Asylantrags bis zur tatsächlichen Überstellung des Asylbewerbers in den zuständigen Mitgliedstaat. Dies geht aus einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union hervor.
Die Richtlinie 2003/9/EG* legt u. a. Mindestnormen für die materiellen Aufnahmebedingungen von Asylbewerbern (insbesondere Unterkunft, Verpflegung, Nahrung und Kleidung in Form von Sach- oder Geldleistungen) fest. Diese Normen ermöglichen ihnen ein menschenwürdiges Leben und vergleichbare Lebensbedingungen in allen Mitgliedstaaten. Die Richtlinie gilt für alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen, die unter den Voraussetzungen der so genannte "Dublin-II-Verordnung"** einen Asylantrag gestellt haben. Diese Verordnung legt die Kriterien zur Bestimmung des für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats fest, der also nicht zwangsläufig derjenige ist, in dem der Asylantrag gestellt wurde. Hält ein Mitgliedstaat, bei dem ein Asylantrag gestellt wurde (ersuchender Mitgliedstaat) einen anderen Mitgliedstaat für zuständig (ersuchter Mitgliedstaat), kann er diesen um Aufnahme des Asylbewerbers ersuchen.
Am 26. Januar 2010 erhoben zwei französische Vereinigungen, CIMADE und GISTI, beim französischen Conseil d’État Klage auf Nichtigerklärung des ministeriellen Rundschreibens vom 3. November 2009 über die Wartezeitbeihilfe (allocation temporaire d’attente). Als existenzsicherndes Einkommen wird diese Beihilfe den Asylbewerbern monatlich während der gesamten Dauer des Verfahrens zur Prüfung ihres Antrags gezahlt. Die beiden Vereinigungen machen geltend, dass dieses Rundschreiben den Zielen der Richtlinie 2003/9 zuwiderlaufe, indem es
Der Gerichtshof antwortet erstens, dass ein mit einem Asylantrag befasster Mitgliedstaat die Mindestbedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern auch einem
Der Gerichtshof weist darauf hin, dass die Verpflichtung des mit einem Asylantrag befassten Mitgliedstaats, diese Mindestaufnahmebedingungen zu gewähren, "mit der Antragstellung" einsetzt, selbst wenn dieser Staat nicht der Mitgliedstaat ist, der nach den Kriterien der Dublin-II-Verordnung für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist. Die Richtlinie 2003/9 sieht nämlich nur eine Kategorie von Asylbewerbern vor, die alle Drittstaatsangehörigen und Staatenlosen umfasst, die einen Asylantrag stellen. Somit müssen die Mindestaufnahmebedingungen nicht nur Asylbewerbern gewährt werden, die sich im Hoheitsgebiet des zuständigen Mitgliedstaats befinden, sondern auch denen, die auf die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats warten, was mehrere Monate dauern kann.
Der Gerichtshof erläutert weiter, dass sich die Verpflichtung des mit einem Asylantrag befassten Mitgliedstaats, die Mindestaufnahmebedingungen zu gewähren, nur auf
Der Gerichtshof stellt zweitens fest, dass die Verpflichtung zur Gewährleistung der Mindestbedingungen für die Aufnahme von Asylbewerbern ab der Antragstellung und während der gesamten Dauer des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats bis zur tatsächlichen Überstellung des Antragstellers durch den ersuchenden Staat gilt. Der Gerichtshof weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Verfahren im ersuchenden Mitgliedstaat und dessen
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 27.09.2012
Quelle: Gerichtshof der Europäischen Union/ra-online
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Dokument-Nr. 14241
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