Der zwischen dem deutschen Unternehmen Baxter und dessen Betriebsrat geschlossene Sozialplan sieht vor, dass der Abfindungsbetrag für Arbeitnehmer bei betriebsbedingter Kündigung insbesondere von der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit abhängt (Standardberechnungsmethode). Für Arbeitnehmer, die älter als 54 Jahre sind, sieht dieser Plan jedoch vor, dass die Abfindung auf der Grundlage ihres frühestmöglichen Rentenbeginns berechnet wird (alternative Methode). Die diesen Arbeitnehmern zu zahlende Abfindung ist geringer als die Summe, die sich nach der Standardmethode ergeben würde; sie muss allerdings mindestens die Hälfte dieser Summe betragen.
Herr Odar, der mehr als 30 Jahre bei Baxter beschäftigt war, ist als Schwerbehinderter anerkannt. Nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses mit dem Unternehmen erhielt er aufgrund des Sozialplans eine Entlassungsabfindung. Da er über 54 Jahre alt war, erhielt er einen geringeren als den Betrag, auf den er bei niedrigerem Alter Anspruch gehabt hätte. Die im Sozialplan vorgesehene Berechnungsmethode bei betriebsbedingter Kündigung stellt somit eine unmittelbar auf dem Alter beruhende Ungleichbehandlung dar.
Wenn der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, eine vorzeitige Altersrente wegen einer Behinderung zu erhalten, sieht der Sozialplan darüber hinaus vor, dass bei der Berechnung nach der alternativen Methode auf diesen Zeitpunkt abgestellt wird. Da Herr Odar der Ansicht war, dass er durch diese Berechnung der Abfindung wegen seines Alters und seiner Behinderung benachteiligt werde, erhob er beim Arbeitsgericht München (Deutschland) Klage gegen Baxter. Dieses Gericht hat beschlossen, den Gerichtshof zur Vereinbarkeit einer sich möglicherweise aus dem Sozialplan ergebenden Ungleichbehandlung mit dem Unionsrecht, das jede Diskriminierung wegen des Alters oder der Behinderung verbietet, zu befragen.
Mit seinem Urteil stellt der Gerichtshof fest, dass das im Unionsrecht vorgesehene Verbot jeder Diskriminierung wegen des Alters der Regelung in einem Sozialplan, nach der – wie im vorliegenden Fall – bei der Berechnung der Entlassungsabfindung anhand des Alters differenziert wird, nicht entgegenstehe. Eine solche Ungleichbehandlung könne nämlich durch das Ziel gerechtfertigt werden, einen Ausgleich für die Zukunft zu gewähren und die jüngeren Arbeitnehmer zu schützen sowie ihre berufliche Wiedereingliederung zu unterstützen, und sie trage zugleich der Notwendigkeit einer gerechten Verteilung der begrenzten finanziellen Mittel eines Sozialplans Rechnung. Darüber hinaus sei es legitim, zu vermeiden, dass eine Entlassungsabfindung Personen zugutekommt, die keine neue Stelle suchen, sondern ein Ersatzeinkommen in Form einer Altersrente beziehen wollen.
Eine Regelung wie die hier vorliegende erscheine nicht offensichtlich unangemessen und gehe nicht über das zur Erreichung dieser Ziele Erforderliche hinaus. Dabei hebt der Gerichtshof hervor, dass der Sozialplan die Minderung des Abfindungsbetrags bei Entlassung vorsehe, dieser Betrag sich aber dem Alter entsprechend schrittweise ändere und mindestens der Hälfte des sich nach der Standardformel ergebenden Betrags entsprechen müsse. Der Gerichtshof führt zudem aus, dass die in Rede stehende Regelung die Frucht einer von Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretern ausgehandelten Vereinbarung sei, die dabei ihr als Grundrecht anerkanntes Recht auf Kollektivverhandlungen ausgeübt habe. Dass es damit den Sozialpartnern überlassen ist, einen Ausgleich zwischen ihren Interessen festzulegen, biete eine nicht unerhebliche Flexibilität, da jede der Parteien gegebenenfalls die Vereinbarung kündigen könne.
Der Gerichtshof stellt jedoch fest, dass das im Unionsrecht vorgesehene Verbot jeder Diskriminierung wegen der Behinderung der fraglichen Regelung entgegenstehe, soweit bei der Anwendung der alternativen Methode auf die Möglichkeit, eine vorzeitige Altersrente wegen einer Behinderung zu erhalten, abgestellt würde. Durch diese Ungleichbehandlung nichtbehinderter Arbeitnehmer und behinderter Arbeitnehmer werde nämlich sowohl das Risiko für Schwerbehinderte – die im Allgemeinen größere Schwierigkeiten als nichtbehinderte Arbeitnehmer haben, sich wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern – als auch die Tatsache verkannt, dass das Risiko steigt, je mehr sie sich dem Renteneintrittsalter nähern. Schwerbehinderte hätten jedoch spezifische Bedürfnisse im Zusammenhang mit dem Schutz, den ihr Zustand erfordere, und mit der Notwendigkeit, dessen mögliche Verschlechterung zu berücksichtigen. Daher sei dem Risiko Rechnung zu tragen, dass Schwerbehinderte unabweisbaren finanziellen Aufwendungen im Zusammenhang mit ihrer Behinderung ausgesetzt seien und/oder dass sich diese finanziellen Aufwendungen mit zunehmendem Alter erhöhen.
Die in Rede stehende Regelung, die bei betriebsbedingter Kündigung dazu führt, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer eine geringere Abfindung erhält als ein nichtbehinderter Arbeitnehmer, bewirke folglich eine übermäßige Beeinträchtigung der legitimen Interessen schwerbehinderter Arbeitnehmer. Diese Regelung gehe über das hinaus, was zur Erreichung der mit ihr verfolgten sozialpolitischen Ziele erforderlich sei.