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Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Urteil vom 01.03.2012
Vf. 9-VII-11 -

Striktes Rauchverbot in Bayerischen Spielhallen nicht verfassungswidrig

Rauchverbot ohne Übergangsregelung nicht zu beanstanden

Das strikte Rauchverbot in bayerischen Spielhallen ist zulässig. Die Tatsache, dass der Volksgesetzgeber keine Übergangsregelung vorgesehen hat, ist verfassungs­rechtlich nicht zu beanstanden. Dies entschied der Bayerische Ver­fassungs­gerichts­hof.

Nach Art. 2 Nr. 6, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesundheitsschutzgesetzes (GSG) ist das Rauchen in Kultur- und Freizeiteinrichtungen verboten. Zu den Freizeiteinrichtungen zählen auch die Spielhallen.

Antragstellerin rügt fehlende Übergangsregelung für in Kraft getretenes Gesundheitsschutzgesetz

Die Antragstellerin des zugrunde liegenden Streitfalls, die mehrere Spielhallen betreibt, rügt mit ihrer Popularklage, dass das durch Volksentscheid vom 4. Juli 2010 beschlossene Gesundheitsschutzgesetz keine Übergangsregelung enthält. Sie habe in den Jahren 2009 und 2010 aufgrund der damaligen Gesetzeslage Baumaßnahmen zur Errichtung von Rauchernebenräumen durchführen lassen. Mit dem am 1. August 2010 in Kraft getretenen strikten Rauchverbot seien diese Investitionen in Höhe von fast 20.000 Euro nutzlos geworden. Die Neuregelung, die nicht vorhersehbar gewesen sei, verletze u. a. das rechtsstaatliche Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) und das Grundrecht auf Eigentum (Art. 103 Abs. 1 BV). Gegen das Rechtsstaatsgebot verstoße auch der Wegfall der im früheren Gesundheitsschutzgesetz enthaltenen „Innovationsklausel“, wonach durch Rechtsverordnung Ausnahmen zugelassen werden konnten, wenn durch technische Vorkehrungen – wie z. B. Lüftungsanlagen – ein dem Rauchverbot vergleichbarer Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens gewährleistet werden konnte.

Einführung eines strikten Rauchverbots in Gaststätten mit Bayerischer Verfassung vereinbar

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat die Popularklage abgewiesen. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Volksgesetzgeber auch Spielhallen einem strikten Rauchverbot unterworfen hat, ohne eine Übergangsregelung vorzusehen. Der Verfassungsgerichtshof hat bereits in mehreren Entscheidungen dargelegt, dass die Einführung eines strikten Rauchverbots in Gaststätten mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist. Die hierfür maßgeblichen Erwägungen sind auf das ebenso weit reichende Rauchverbot in den zu den Freizeiteinrichtungen (Art. 2 Nr. 6, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 des Gesundheitsschutzgesetzes – GSG) zählenden Spielhallen uneingeschränkt übertragbar.

Gastwirte hätten sich auf mögliche erneute Verschärfung des Rauchverbots nach Ausgang des Volksbegehrens einstellen müssen

Auf den Einwand, dem Gesundheitsschutzgesetz fehlten rechtsstaatlich bzw. grundrechtlich gebotene Übergangs- und Ausgleichsregelungen, ist der Verfassungsgerichtshof bereits in der Entscheidung vom 13. September 2011 zum Rauchverbot in Gaststätten eingegangen. Die Betreiber von Spielhallen durften sich ebenso wenig wie die Gastwirte darauf verlassen, dass die – durch das Änderungsgesetz vom 27. Juli 2009 zugelassenen und bereits vor dem Inkrafttreten sehr umstrittenen – Ausnahmen vom Rauchverbot für einen längeren Zeitraum fortbestehen und sich daher Aufwendungen zur Schaffung von Rauchernebenräumen amortisieren würden. Sie mussten sich auf eine mögliche erneute Verschärfung des Rauchverbots schon ab dem Tag (17. Juli 2009) einstellen, an dem der Gesetzentwurf des Volksbegehrens durch Einreichung des Zulassungsantrags in das Verfahren der Volksgesetzgebung formell „eingebracht“ war. Ihr Vertrauen auf die Dauerhaftigkeit der zehn Tage später erlassenen Ausnahmeregelungen war daher von vornherein nur in geringem Maße schutzwürdig; es durfte gegenüber dem mit der Neuregelung verfolgten Ziel, einen sofort wirksamen lückenlosen Nichtraucherschutz zu gewährleisten, als nachrangig bewertet werden.

Fortfall „Innovationsklausel“ ebenfalls nicht verfassungswidrig

Ebenfalls kein Verfassungsverstoß liegt im Fortfall der im vorherigen Gesundheitsschutzgesetz (Art. 5 Abs. 2 GSG) enthaltenen „Innovationsklausel“, wonach durch Rechtsverordnung Ausnahmen zugelassen werden konnten, wenn durch technische Vorkehrungen ein dem Rauchverbot vergleichbarer Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens geleistet werden konnte. In der dem Volksbegehren beigefügten Begründung wird dazu ausgeführt, so genannte technische Lösungen seien wenig praktikabel und mit einem hohen Wartungs- und damit Kontrollaufwand verbunden; sie wirkten zudem wettbewerbsverzerrend. Diese Erwägungen sind von der dem Gesetzgeber zustehenden Einschätzungsprärogative gedeckt. Er durfte insbesondere davon ausgehen, dass durch den Einbau von Lüftungsanlagen nicht dasselbe Schutzniveau erreicht werden kann wie durch ein Rauchverbot.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.03.2012
Quelle: Bayerischer Verfassungsgerichtshof/ra-online

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