Der Beschwerdeführer stammt aus Nigeria. Nachdem seine Ehefrau bereits 1997 durch Einbürgerung deutsche Staatsangehörige geworden war, beantragte im November 1999 auch er seine Einbürgerung in den deutschen Staatsverband. Dabei gab er an, bei einer Firma in Hanau beschäftigt zu sein, und legte eine auf seinen Namen ausgestellte Bescheinigung der Firma über das Bestehen dieses Arbeitsverhältnisses vor. Am 9. Februar 2000 wurde er eingebürgert.
In einem in der Folgezeit gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stellte sich heraus, dass er bei der Firma in Hanau nicht bekannt, sondern eine andere Person dort unter seinem Namen beschäftigt war. Im Februar 2002 nahm die zuständige Behörde daraufhin, gestützt auf § 48 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes, die Einbürgerung des Beschwerdeführers zurück. Die Einbürgerung sei rechtswidrig gewesen, weil sie voraussetze, dass der Ausländer im Stande sei, sich und seine Angehörigen zu ernähren. Dies sei tatsächlich nicht der Fall gewesen. Da der Beschwerdeführer die Einbürgerungsbehörde durch Vorlage wissentlich falscher, entscheidungserheblicher Unterlagen über das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses arglistig getäuscht habe, sei sein Vertrauen auf den Bestand der Einbürgerung nicht schutzwürdig. Der Beschwerdeführer habe auch derzeit keinen Anspruch auf Einbürgerung, da wegen der im Jahr 2001 erfolgten Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe die Einbürgerungsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer weiterhin im Besitz der nigerianischen Staatsangehörigkeit sei, so dass er durch die Rücknahme seiner Einbürgerung nicht staatenlos werde. Sollte er tatsächlich staatenlos werden, stünde dies im Übrigen nicht im Gegensatz zum geltenden Recht, denn die Einbürgerung sei auf Grund arglistiger Täuschung vollzogen worden, so dass kein schutzwürdiges Vertrauen bestehe.
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage des Beschwerdeführers blieb vor den Fachgerichten erfolglos. Das Verbot der Entziehung der Staatsangehörigkeit in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG sei als Reaktion auf die im nationalsozialistischen Staat praktizierte Aberkennung der Staatsangehörigkeit aus rassischen, politischen oder religiösen Gründen entstanden; es solle gezielte Zwangsausbürgerungen verhindern. Den Fall der Rücknahme einer durch bewußte Täuschung erwirkten Einbürgerung habe der Verfassungsgeber nicht im Blick gehabt. In derartigen Fällen stehe daher Artikel 16 Abs. 1 GG der Rücknahme nicht entgegen. Dies gelte auch für den Fall eintretender Staatenlosigkeit. Neben dem Anliegen der Vermeidung von Staatenlosigkeit sei gleichermaßen auch der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu berücksichtigen. Auf die - im gerichtlichen Verfahren nicht geklärte - Frage, ob der Beschwerdeführer durch die Rücknahme der Einbürgerung staatenlos geworden ist, komme es daher nicht an.
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 16 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG.
Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verbiete die Entziehung der Staatsangehörigkeit. Die Annahme, dass die „erschlichene“ Einbürgerung durch Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG nicht geschützt sei, finde im Wortlaut der Bestimmung keinen Anhaltspunkt. Vielmehr werde die Staatsangehörigkeit hier generell gegen Entziehung geschützt. Die Einbürgerung könne auch nicht nach den allgemeinen Rücknahmevorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze zurückgenommen werden. Denn das Staatsangehörigkeitsgesetz enthalte speziellere Regelungen für den Verlust der Staatsangehörigkeit, die einen Rückgriff auf die allgemeinen Vorschriften ausschlössen. Darüber hinaus scheide eine Rücknahme der Einbürgerung auch deswegen aus, weil dies zur Staatenlosigkeit des Beschwerdeführers führen würde. Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verbiete ohne Einschränkung einen Verlust der Staatsangehörigkeit für den Fall, dass der Betroffene hierdurch staatenlos werde. Dies sei hier der Fall.
Die Verfassungsbeschwerde wurde nun zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, das in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesprochene Verbot der Entziehung der Staatsangehörigkeit stehe der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung nicht entgegen. Auch der in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Schutz vor Staatenlosigkeit schließe in einem solchen Fall die Rücknahme der Einbürgerung nicht aus. Die Rücknahme sei auch aufgrund einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage erfolgt. Die Anwendung des § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Baden-Württemberg, der allgemein die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte regelt, sei unbedenklich, jedenfalls wenn der Betroffene die Einbürgerung durch Täuschung bewirkt hat. Der parlamentarische Gesetzgeber sei nicht verpflichtet gewesen, für erschlichene Einbürgerungen eine besondere staatsangehörigkeitsrechtliche Regelung zu treffen. Allerdings bedürfe die Frage, welche Auswirkungen ein Fehlverhalten im Einbürgerungsverfahren auf den Bestand der Staatsangehörigkeit Dritter haben kann, die an diesem Fehlverhalten nicht beteiligt waren, einer Antwort durch den Gesetzgeber.
1. Das in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesprochene Verbot der Entziehung der Staatsangehörigkeit steht der Rücknahme einer durch Täuschung erwirkten rechtswidrigen Einbürgerung nicht entgegen.
Mit dem Verbot der Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit grenzt die Verfassung sich ab von historischen Mißbräuchen des Staatsangehörigkeitsrechts. Vor Mißbräuchen dieser Art, die der Staatsangehörigkeit ihre Bedeutung als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit raubten und sie in ein Mittel der Ausgrenzung statt der Integration verkehrten, soll Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG nach dem Willen des Verfassungsgebers Schutz gewährleisten. Entziehung ist danach jede Verlustzufügung, die die Funktion der Staatsangehörigkeit als verlässliche Grundlage gleichberechtigter Zugehörigkeit beeinträchtigt. Zur Verlässlichkeit des Staatsangehörigkeitstatus gehört auch die Vorhersehbarkeit eines Verlusts und damit ein ausreichendes Maß an Rechtssicherheit und Rechtsklarheit im Bereich der staatsangehörigkeitsrechtlichen Verlustregelungen.
Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG schließt danach die Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung nicht grundsätzlich aus. Wenn demjenigen, der durch Täuschung oder vergleichbares Fehlverhalten eine rechtswidrige Einbürgerung erwirkt hat, die missbräuchlich erworbene Rechtsposition nicht belassen wird, beeinträchtigt dies weder ein berechtigtes Vertrauen des Betroffenen noch kann das Stabilitätsvertrauen Anderer, die sich im Verfahren ihrer Einbürgerung solche Missbräuche nicht haben zuschulden kommen lassen, beschädigt werden.
2. Auch der in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Schutz vor Staatenlosigkeit steht der Rücknahme der Einbürgerung des Beschwerdeführers nicht entgegen.
Die Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung daran scheitern zu lassen, dass der Betroffene dadurch möglicherweise staatenlos wird, läge so eindeutig außerhalb des Sinns und Zwecks der Vorschrift, dass der insoweit überschießende Wortlaut für die Auslegung nicht maßgeblich sein kann. Der Schaffung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG lag die Absicht zugrunde, sich in Abgrenzung von der nationalsozialistischen Ausbürgerungspolitik und den Ausbürgerungen, von denen Deutsche im Zuge der Vertreibungen betroffen waren, an völkerrechtliche Bestrebungen zur Bekämpfung der Staatenlosigkeit anzuschließen. Mit dieser Zielsetzung ist die Inkaufnahme von Staatenlosigkeit im Fall der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung vereinbar. Es gab und gibt weder einen allgemeinen Grundsatz des Völkerrechts noch eine die Bundesrepublik Deutschland bindende völkerrechtliche Vereinbarung, die die Inkaufnahme von Staatenlosigkeit in einem solchen Fall ausschließen. In den völkerrechtlichen Vereinbarungen wird Staatenlosigkeit gerade für den Fall der Rücknahme erschlichener Einbürgerungen ausdrücklich hingenommen.
3. Die in § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Baden-Württemberg (LVwVfGBW) getroffene allgemeine Regelung über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte reicht hier als gesetzliche Grundlage der Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung aus.
a) Nach Ansicht der Richter Hassemer, Di Fabio, Mellinghoff und Landau genügt die Bestimmung den Anforderungen des in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG konkretisierten Gesetzesvorbehalts, jedenfalls wenn der Betroffene die Einbürgerung durch Täuschung bewirkt hat. Ihre Anwendung ist nicht wegen fehlender Gesetzgebungskompetenz des Landes Baden-Württemberg ausgeschlossen. Der parlamentarische Gesetzgeber war auch nicht verpflichtet, für erschlichene Einbürgerungen eine besondere staatsangehörigkeitsrechtliche Regelung zu wählen.
Art. 16 Abs. 1 GG fordert eine der Bedeutung des Staatsangehörigkeitsstatus angemessene gesetzliche Ausgestaltung für den Erwerb, die Aufhebung der Einbürgerung und den Verlust der Staatsangehörigkeit. Ob diese Anforderungen erfüllt sind, kann nicht allein nach der systematischen Zugehörigkeit zu einem bestimmten Gesetz entschieden, sondern muss vor allem danach beurteilt werden, ob den inhaltlichen verfassungsrechtlichen Vorgaben Rechnung getragen wird. Im vorliegenden Fall, da der Betroffene selbst nachweislich durch Täuschung die Einbürgerung herbeiführte und diese zeitnah zurückgenommen wird, ist der grundrechtlich geforderten Rechtssicherheit und Normenklarheit Genüge getan, wenn der Betroffene anhand einer allgemeinen gesetzlichen Verwaltungsverfahrensvorschrift die Folge der Rücknahme voraussehen kann. In einem solchen Fall steht dem Täuschenden kein schützenswertes Vertrauen zu, so dass das rechtsstaatliche Interesse an der rückwirkenden Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände regelmäßig überwiegt. Mit § 48 LVwVfGBW besteht eine Regelung, in der das Ermessen der Verwaltung durch ein rechtsstaatliches Abwägungsprogramm zwischen Vertrauensschutz und Gesetzmäßigkeit der Verwaltung begrenzt wird.
Allerdings sind Fallkonstellationen möglich, die in § 48 LVwVfGBW keine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage finden. Die Regelungsbedürftigkeit der Aufhebung von Einbürgerungen sowie der Nichtigkeit von Einbürgerungsakten zeigt sich insbesondere bei – im vorliegenden Fall nicht einschlägigen – Konstellationen, in denen die Rechtmäßigkeit der Einbürgerung von Angehörigen, insbesondere von Kindern, im Vordergrund steht. Die Frage, welche Auswirkungen ein Fehlverhalten im Einbürgerungsverfahren auf den Bestand der Staatsangehörigkeit Dritter haben kann, die an diesem Fehlverhalten nicht beteiligt waren, bedarf einer Antwort durch den Gesetzgeber.
b) Nach Ansicht der Richterinnen und Richter Broß, Osterloh, Lübbe- Wolff und Gerhardt reicht § 48 LVwVfGBW als gesetzliche Grundlage für die Rücknahme einer Einbürgerung nicht aus.
Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Möglichkeit der Rücknahme von Einbürgerungen, hat er Reichweite und Grenzen dieser Möglichkeit selbst zu bestimmen und die notwendigen Abwägungsentscheidungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Materie selbst zu treffen. Art. 16 Abs. 1 GG liegt die Absicht des Verfassungsgebers zugrunde, in Bezug auf den Bestand der Staatsangehörigkeit besonders strenge Vorkehrungen gegen gleichheitswidrige Behandlung zu treffen. Der gesetzlichen Vorprägung behördlicher Entscheidungen als der elementarsten Form der Gleichheitssicherung kommt daher gerade hier besonders große Bedeutung zu.
Gegen die Heranziehung von § 48 LVwVfGBW als Rechtsgrundlage für die Rücknahme von Einbürgerungen bestehen schon aus kompetenzrechtlichen Gründen erhebliche Bedenken. Jedenfalls genügt § 48 LVwVfGBW inhaltlich nicht den Anforderungen an eine Verlustregelung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung die erforderlichen grundrechtsspezifischen Entscheidungen gerade nicht getroffen. Die als allgemeine Auffangvorschrift für die Rücknahme von Verwaltungsakten konzipierte Bestimmung des § 48 LVwVfGBW ist auf die besonderen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Rücknahme von Einbürgerungsentscheidungen stellen, in keiner Weise zugeschnitten. Wesentliche Fragen der sachlichen und zeitlichen Reichweite der Rücknehmbarkeit von Einbürgerungen, über die der Gesetzgeber zu entscheiden hat, beantwortet die Vorschrift nicht, sondern überlässt sie der Klärung durch Behörden und Gerichte. Dies gilt auch für den konkreten Fall. Ob eine ausreichende Befugnisnorm für einen hoheitlichen Eingriff vorhanden ist, hängt zudem nicht von der Beschaffenheit des konkreten Einzelfalles ab. Die erforderliche gesetzgeberische Abwägung kann nicht durch ein Evidenzerlebnis ersetzt werden. Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage ist von der materiellen Bewertung des Grundrechtseingriffs unabhängig.
c) Da der Senat mit Stimmengleichheit entschieden hat, kann ein Verstoß gegen das Grundgesetz nicht festgestellt werden (§ 15 Abs. 4 Satz 3 BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde hatte daher keinen Erfolg.