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Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde eines Beschwerdeführers, der sich gegen die Rücknahme einer durch Täuschung erwirkten Einbürgerung gewandt hatte, zurückgewiesen.
Der Beschwerdeführer stammt aus Nigeria. Nachdem seine Ehefrau bereits 1997 durch
In einem in der Folgezeit gegen den Beschwerdeführer eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stellte sich heraus, dass er bei der Firma in Hanau nicht bekannt, sondern eine andere Person dort unter seinem Namen beschäftigt war. Im Februar 2002 nahm die zuständige Behörde daraufhin, gestützt auf § 48 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes, die
Die gegen diesen Bescheid gerichtete Klage des Beschwerdeführers blieb vor den Fachgerichten erfolglos. Das Verbot der Entziehung der
Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 16 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 GG.
Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG verbiete die Entziehung der
Die
1. Das in Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ausgesprochene Verbot der Entziehung der
Mit dem Verbot der Entziehung der deutschen
Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG schließt danach die Rücknahme einer erschlichenen
2. Auch der in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG verankerte Schutz vor Staatenlosigkeit steht der Rücknahme der
Die Rücknahme einer erschlichenen
3. Die in § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Baden-Württemberg (LVwVfGBW) getroffene allgemeine Regelung über die Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte reicht hier als gesetzliche Grundlage der Rücknahme einer erschlichenen
a) Nach Ansicht der Richter Hassemer, Di Fabio, Mellinghoff und Landau genügt die Bestimmung den Anforderungen des in Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG konkretisierten Gesetzesvorbehalts, jedenfalls wenn der Betroffene die
Art. 16 Abs. 1 GG fordert eine der Bedeutung des Staatsangehörigkeitsstatus angemessene gesetzliche Ausgestaltung für den Erwerb, die Aufhebung der
Allerdings sind Fallkonstellationen möglich, die in § 48 LVwVfGBW keine hinreichende gesetzliche Ermächtigungsgrundlage finden. Die Regelungsbedürftigkeit der Aufhebung von Einbürgerungen sowie der Nichtigkeit von Einbürgerungsakten zeigt sich insbesondere bei – im vorliegenden Fall nicht einschlägigen – Konstellationen, in denen die Rechtmäßigkeit der
b) Nach Ansicht der Richterinnen und Richter Broß, Osterloh, Lübbe- Wolff und Gerhardt reicht § 48 LVwVfGBW als gesetzliche Grundlage für die
Entscheidet sich der Gesetzgeber für die Möglichkeit der Rücknahme von Einbürgerungen, hat er Reichweite und Grenzen dieser Möglichkeit selbst zu bestimmen und die notwendigen Abwägungsentscheidungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Materie selbst zu treffen. Art. 16 Abs. 1 GG liegt die Absicht des Verfassungsgebers zugrunde, in Bezug auf den Bestand der
Gegen die Heranziehung von § 48 LVwVfGBW als Rechtsgrundlage für die Rücknahme von Einbürgerungen bestehen schon aus kompetenzrechtlichen Gründen erhebliche Bedenken. Jedenfalls genügt § 48 LVwVfGBW inhaltlich nicht den Anforderungen an eine Verlustregelung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG. Der Gesetzgeber hat mit dieser Regelung die erforderlichen grundrechtsspezifischen Entscheidungen gerade nicht getroffen. Die als allgemeine Auffangvorschrift für die Rücknahme von Verwaltungsakten konzipierte Bestimmung des § 48 LVwVfGBW ist auf die besonderen Fragen, die sich im Zusammenhang mit der Rücknahme von Einbürgerungsentscheidungen stellen, in keiner Weise zugeschnitten. Wesentliche Fragen der sachlichen und zeitlichen Reichweite der Rücknehmbarkeit von Einbürgerungen, über die der Gesetzgeber zu entscheiden hat, beantwortet die Vorschrift nicht, sondern überlässt sie der Klärung durch Behörden und Gerichte. Dies gilt auch für den konkreten Fall. Ob eine ausreichende Befugnisnorm für einen hoheitlichen Eingriff vorhanden ist, hängt zudem nicht von der Beschaffenheit des konkreten Einzelfalles ab. Die erforderliche gesetzgeberische Abwägung kann nicht durch ein Evidenzerlebnis ersetzt werden. Das Erfordernis einer gesetzlichen Grundlage ist von der materiellen Bewertung des Grundrechtseingriffs unabhängig.
c) Da der Senat mit Stimmengleichheit entschieden hat, kann ein Verstoß gegen das Grundgesetz nicht festgestellt werden (§ 15 Abs. 4 Satz 3 BVerfGG). Die
1. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG schließt die Rücknahme einer erschlichenen Einbürgerung nicht grundsätzlich aus.
2. Eine Auslegung des Art. 16 Abs. 1 Satz 2 GG, nach der das Verbot der Inkaufnahme von Staatenlosigkeit sich auch auf den Fall der erschlichenen Einbürgerung erstreckte, entspricht nicht dem Willen des Verfassungsgebers; sie liegt außerhalb des Schutzzwecks der Norm.
3. Für den Fall der zeitnahen Rücknahme einer Einbürgerung, über deren Voraussetzungen der Eingebürgerte selbst getäuscht hat, bietet § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz für Baden-Württemberg eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 24.05.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 106/05 u. 41/06 des BVerfG vom 28.10.2005 u. 24.05.2006
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Dokument-Nr. 2442
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