wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollständig mit dem Standard HTML 4.01 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben „verschluckt“ hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen

Werden Sie jetzt Fan von kostenlose-urteile.de bei facebook!


Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.

Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.


Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 06.07.2016
2 BvR 548/16 -

BVerfG: Erhebliche Suizidgefahr ohne Aussicht auf Besserung kann dauerhaften Voll­streckungs­schutz rechtfertigen

Beachtung des Gesundheits- und Lebensschutzes des Art. 2 Abs. 2 GG

Besteht im Falle der Zwangsversteigerung eine erhebliche Suizidgefahr beim Grund­stücks­eigentümer, kann die dauerhafte Einstellung der Zwangsvollstreckung gerechtfertigt sein, wenn eine Besserung des Zustands nicht zu erwarten ist. In diesem Fall wiegt der Gesundheits- und Lebensschutz aus Art. 2 Abs. 2 GG schwerer als die Vermögensinteressen des Gläubigers. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundes­verfassungs­gerichts hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall sollten sechs Grundstücke, darunter das Wohnanwesen, einer 70-jährigen Frau zwangsversteigert werden. Das Amtsgericht Aachen stellte die Zwangsversteigerung aber im Mai 2014 auf Antrag der Grundstückseigentümerin für einen Zeitraum von sechs Monaten ein, da sie erheblich suizidgefährdet war. Ihr wurde aber aufgegeben, sich regelmäßig psychiatrisch und psychotherapeutisch behandeln zu lassen. Da sich ihr Zustand im Zeitraum des Vollstreckungsschutzes trotz der Therapie nicht verbesserte, beantragte sie nach Anordnung der Fortsetzung des Zwangsversteigerungsverfahrens im Mai 2015 erneut Vollstreckungsschutz. Dies gewährte das Amtsgericht im November 2015 für weitere acht Monate. Der Grundstückseigentümerin sollte Zeit gegeben werden, ohne Auflagen ihre Therapie zu beenden und somit eine Stabilisierung ihres Gesundheitszustandes zu erreichen. Damit war weder die Gläubigerin noch die Grundstückseigentümerin einverstanden. Während die Gläubigerin sofort vollstrecken wollte, beabsichtigte die Grundstückseigentümerin die dauerhafte Einstellung der Zwangsversteigerung. Beides lehnte das Landgericht Aachen jedoch ab. Die Grundstückseigentümerin legte daraufhin Verfassungsbeschwerde ein.

Verletzung des Grundrechts auf Leben und Gesundheit

Das Bundesverfassungsgericht entschied zu Gunsten der Grundstückseigentümerin. Das Landgericht habe bei seiner Entscheidung nicht ausreichend das Grundrecht auf Leben und Gesundheit gemäß Art. 2 Abs. 2 GG beachtet. Zwar werde bei erheblichen Gefahren für Leben und Gesundheit regelmäßig die Einstellung der Vollstreckung für einen längeren Zeitraum ausreichen, weil solche Gefahren meist mit zunehmendem Zeitablauf ausgeräumt werden können. Sei eine Besserung des Zustands aber nicht möglich, könne als enger Ausnahmefall die Gewährung von dauerhaften Vollstreckungsschutz geboten sein. Mit dieser Möglichkeit habe sich das Landgericht nicht ausreichend auseinandergesetzt.

Notwendigkeit weiterer Feststellung zum Gesundheitszustand

Laut den ärztlichen Attesten sei es für die Grundstückseigentümerin am Besten gewesen, so das Bundesverfassungsgericht, wenn das Zwangsversteigerungsverfahren ihres Wohnhauses endgültig eingestellt würde. Solange der Verlust des Wohnanwesens gedroht habe, sei sie weiter als schwer suizidgefährdet einzustufen gewesen. Auf dieser Grundlage sei es nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts nicht nachvollziehbar gewesen, wie Leben und Gesundheit der Grundstückseigentümerin durch eine bloße vorübergehende Vollstreckungseinstellung habe geschützt werden können. Es hätte vielmehr weiterer Feststellungen zu dem Gesundheitszustand der Grundstückseigentümerin und den langfristig bestehenden Lösungsmöglichkeiten für den Konflikt zwischen der Gesundheitsgefahr und den Vermögensinteressen der Gläubigerin bedurft.

Fehlende Angaben zum Wert des Grundstücks

Es sei darüber hinaus nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zu beanstanden, dass Angaben zu Art und Umfang der gegenläufigen Interessen der Gläubigerin gefehlt haben. So habe das Landgericht weder die Höhe der Ansprüche, noch den Wert des Grundstücks beziffert oder zumindest geschätzt.

Vorläufige Aussetzung der Verfahren

Das Bundesverfassungsgericht setzte die Verfahren vorläufig aus, bis das Landgericht eine neue Entscheidung erlassen hat.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.01.2017
Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (vt/rb)

Vorinstanzen:
  • Amtsgericht Aachen, Beschluss vom 13.11.2015
    [Aktenzeichen: 018 K 266/12, 018 K 267/12, 018 K 268/12, 018 K 269/12, 018 K 270/12, 018 K 271/12]
  • Landgericht Aachen, Beschluss vom 09.03.2016
    [Aktenzeichen: 3 T 362/15, 3 T 363/15, 3 T 364/15, 3 T 365/15, 3 T 366/15, 3 T 367/15]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2016, 3090Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2016, Seite: 3090
  • NZM 2016, 807Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht (NZM), Jahrgang: 2016, Seite: 807
  • WuM 2016, 729Zeitschrift: Wohnungswirtschaft und Mietrecht (WuM), Jahrgang: 2016, Seite: 729

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://www.kostenlose-urteile.de/BVerfG_2-BvR-54816_BVerfG-Erhebliche-Suizidgefahr-ohne-Aussicht-auf-Besserung-kann-dauerhaften-Vollstreckungsschutz-rechtfertigen.news23662.htm

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Dokument-Nr.: 23662 Dokument-Nr. 23662

recht-aktuell.de Alles, was Recht ist

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.