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Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 16.12.2015
2 BvR 1958/13 -

Bei Vorliegen eines sachlichen Grundes kann Dienstposten mehreren Besoldungsgruppen zugeordnet werden

Das Bundes­verfassungs­gericht hat anlässlich eines Konkurrentenstreits die verfassungs­rechtlichen Anforderungen an eine Dienst­posten­bündelung (sogenannte Topfwirtschaft im dienstrechtlichen Sinne) konkretisiert. Nach diesen Maßstäben erfordert die Dienst­posten­bündelung einen sachlichen Grund, der insbesondere in der "Massenverwaltung" angenommen werden kann, wo Dienstposten in der Regel mit ständig wechselnden Aufgaben einhergehen. Der Dienstherr muss sich bewusst machen, welche Dienstposten von der Bündelung betroffen sind und welche Aufgaben in dieser Spannweite anfallen. Die Verfassungs­beschwerde im vorliegenden Konkurrentenstreit wies das Bundes­verfassungs­gericht zurück, weil die Dienst­posten­bündelung im konkreten Fall verfassungs­rechtlich zulässig war und die angegriffene Entscheidung des Hamburgischen Ober­verwaltungs­gerichts den Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten verletzt.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Bundesanstalt, bei der der Beschwerdeführer als Regierungsamtmann in der Besoldungsgruppe A 11 beschäftigt ist, hat Planstellen der Besoldungsgruppe A 12 zur Besetzung ausgeschrieben. Für die betroffenen Dienstposten hat die Bundesanstalt sogenannte Bündelstellen der Besoldungsgruppen A 11 und A 12 eingerichtet, die es ermöglichen sollen, die Beamten auf ihren Dienstposten zu befördern. In der Anlassbeurteilung erhielt der Beschwerdeführer die Beurteilungsstufe "gut" mit der Punktzahl 13,1. Die drei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Beigeladenen erhielten die Beurteilungsstufe "gut" mit der Punktzahl 13,6, die weiteren 13 Bewerber "voll befriedigend" oder "gut" mit Punktzahlen zwischen 12,6 und 13,3. Die Bundesanstalt beabsichtigt, die drei Beigeladenen zu befördern und hat hierzu die Zustimmung des Personalrats eingeholt. Der hiergegen gerichtete Eilrechtsschutzantrag des Beschwerdeführers hatte vor dem Verwaltungsgericht zunächst Erfolg, wurde vom Oberverwaltungsgericht jedoch abgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hatte eine einstweilige Anordnung erlassen, nach der die streitbefangenen drei Beförderungsstellen bis zu einer Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde freizuhalten sind.

Ermittlung des Bewerbers muss immer im Hinblick auf konkret angestrebtes Amt erfolgen

Das Bundesverfassungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass gemäß Art. 33 Abs. 2 GG jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt habe. Art. 33 Abs. 2 GG diene zum einen dem öffentlichen Interesse der bestmöglichen Besetzung des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trage er dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass er ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründe (Bewerbungsverfahrensanspruch). Die Ermittlung des - gemessen an den Kriterien der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung - am besten geeigneten Bewerbers habe stets in Bezug auf das konkret angestrebte Amt zu erfolgen. Maßgeblich sei insoweit der Aufgabenbereich des Amtes, auf den bezogen die einzelnen Bewerber untereinander zu vergleichen seien und anhand dessen die Auswahlentscheidung vorzunehmen sei.

Höheres Statusamt muss nicht mit höherer Funktion verbunden sein

Nach Art. 33 Abs. 5 GG ist das Recht des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln. Geschützt sind nur diejenigen Regelungen, die das Bild des Berufsbeamtentums in seiner überkommenen Gestalt maßgeblich prägen. Hierzu rechnen insbesondere der Alimentationsgrundsatz, das Laufbahnprinzip, der Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung und das Lebenszeitprinzip. Es gibt hingegen keinen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums, wonach mit einem höheren Statusamt (stets) auch eine höhere Funktion verbunden sein muss.

Funktion kann bis zu drei Ämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden

Nach § 18 Satz 2 Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) kann eine Funktion bis zu drei Ämtern einer Laufbahngruppe und in obersten Bundesbehörden allen Ämtern einer Laufbahngruppe zugeordnet werden. Diese Vorschrift genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen.

Dienstpostenbündelung steht einer Auswahlentscheidung nicht entgegen

Die Dienstpostenbündelung steht einer an Art. 33 Abs. 2 GG orientierten Auswahlentscheidung nicht entgegen. Auch ohne auf nur eine Besoldungsgruppe bezogene Dienstpostenbewertung ist es grundsätzlich möglich, dass sich der Beurteiler oder der für die Auswahlentscheidung Zuständige einen Eindruck von dem Schwierigkeitsgrad der mit dem (gebündelt bewerteten) Dienstposten verbundenen Aufgaben verschafft und die im Einzelnen erbrachten Leistungen würdigt. Dabei ist es eine zunächst den Fachgerichten vorbehaltene Frage, wie konkret die Darstellungen in einer dienstlichen Beurteilung sein müssen, damit diese ihre Funktion erfüllen kann.

Einsatz auf "gebündeltem" Dienstposten stellt grundsätzlich amtsangemessene Beschäftigung dar

§ 18 Satz 2 BBesG ist auch mit den Vorgaben des Art. 33 Abs. 5 GG vereinbar. Der Einsatz auf einem "gebündelten" Dienstposten stellt grundsätzlich für Beamte in jedem der zugeordneten Statusämter eine amtsangemessene Beschäftigung dar. Allerdings darf der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung auf diese Weise nicht entleert werden. Dieser Gefahr wird dadurch begegnet, dass dann, wenn ein Beamter die Verletzung dieses Anspruchs geltend macht, auch ohne differenzierte Dienstpostenbewertung die tatsächlich anfallenden Aufgaben und deren Schwierigkeitsgrad ermittelt werden müssen. Wird die Dienstpostenbündelung mit der wechselnden Schwierigkeit der Aufgaben begründet, muss sichergestellt sein, dass einem Beamten in einem höheren Statusamt nicht vornehmlich "Anfänger"-Aufgaben zugeteilt werden.

Pflicht zur Durchstufung einer Laufbahn in unterschiedlichen Funktionsämter nicht gegeben

Ein Verstoß gegen das Alimentationsprinzip liegt nicht vor, da weder die Maßgeblichkeit des Statusamtes für die Besoldung noch die Abstufung der Bezüge entsprechend der unterschiedlichen Wertigkeit der Statusämter berührt werden. Ebenso wenig ist das Laufbahnprinzip berührt; eine Pflicht zur Durchstufung einer Laufbahn in nicht nur unterschiedliche Statusämter, sondern auch unterschiedliche Funktionsämter lässt sich diesem nicht entnehmen. Auch das Lebenszeitprinzip wird nicht beeinträchtigt; insoweit unterscheidet sich die Dienstpostenbündelung wesentlich von der vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärten Vergabe von Ämtern mit leitender Funktion im Beamtenverhältnis auf Zeit (vgl. BVerfGE 121, 205).

Laufbahngruppenübergreifende Bündelung in aller Regel unzulässig

Eine auf Grundlage von § 18 Satz 2 BBesG vorgenommene Dienstpostenbündelung unterliegt jedoch Grenzen, die sich wiederum aus den dargestellten verfassungsrechtlichen Anforderungen ergeben. Die Dienstpostenbündelung ist nur zulässig, wenn für sie ein sachlicher Grund besteht. Ein solcher sachlicher Grund kann insbesondere dann angenommen werden, wenn der von der Dienstpostenbündelung betroffene Bereich Teil der sogenannten "Massenverwaltung" ist, bei der Dienstposten in der Regel mit ständig wechselnden Aufgaben einhergehen. Der Dienstherr muss sich bewusst machen, welche Dienstposten von der Bündelung betroffen sind und welche Aufgaben in dieser Spannweite anfallen. Andernfalls besteht nicht die - für die Zulässigkeit einer Dienstpostenbündelung wiederum erforderliche - Möglichkeit einer angemessenen Leistungsbewertung. Von einer solchen Möglichkeit ist grundsätzlich auszugehen, wenn in die Bündelung höchstens drei Ämter derselben Laufbahngruppe einbezogen werden. Werden mehr als drei Ämter einbezogen (vgl. § 18 Satz 2 Alternative 2 BBesG), bedarf es dafür einer besonderen, nur in Ausnahmefällen denkbaren Rechtfertigung. Eine laufbahngruppenübergreifende Bündelung ist angesichts der unterschiedlichen Anforderungen an die Befähigung in aller Regel unzulässig.

Urteil des OVG verletzt Beschwerdeführer nicht in seinen Rechten

Der Beschwerdeführer wird durch den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts nicht in seinen Rechten verletzt. Der Einwand, dass die Beurteilungen nicht darauf überprüft worden seien, ob die Anforderungen an das Amt eines Regierungsamtsrates erfüllt werden, greift nicht durch. Ausgehend von den dargelegten Maßstäben war die von der Bundesanstalt vorgenommene Dienstpostenbündelung rechtmäßig. Es war daher auch zulässig, aus der Leistungsbeurteilung sogleich auf die bessere Eignung für das höhere Statusamt zu schließen, da sämtliche in die Beförderungsauswahl einbezogenen Beamten dasselbe Statusamt innehaben und auf gebündelten Dienstposten eingesetzt sind.

Einzelfeststellungen der Beurteilungen im vorliegenden Fall nicht notwendig

Unzutreffend ist ferner die Auffassung, der Dienstherr habe nicht ohne weitere Differenzierung auf die Gesamtnote der Beurteilungen abstellen dürfen. Wenn die Punktedifferenz aller 17 Beamten der Vergleichsgruppe bei höchstens 1,0 gelegen hat, ist es bei einer Punktedifferenz von 0,5 zu den Beigeladenen vertretbar, nicht mehr von im Wesentlichen gleichen Beurteilungen auszugehen. Es sind auch keine zwingenden Gründe des angestrebten Amtes aufgezeigt oder ersichtlich, die einen Rückgriff auf Einzelfeststellungen der Beurteilungen zuließen oder gar erforderten.

Die einstweilige Anordnung wird mit der Entscheidung in der Hauptsache gegenstandslos.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 28.01.2016
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online

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