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Bei der Sicherungsverwahrung in so genannten "Altfällen" ist aufgrund der besonderen Schwere des Grundrechtseingriffs das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß des Therapieunterbringungsgesetzes für die Fortdauer der Sicherungsverwahrung unverzüglich zu prüfen und - falls diese nicht gegeben sind - die sofortige Freilassung der betroffenen Sicherungsverwahrten anzuordnen. Dies geht aus einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hervor. Die Verfassungsbeschwerde eines verurteilten Sexualstraftäters gegen die zeitlich befristete Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung hatte damit Erfolg.
Der mehrfach einschlägig vorbestrafte Beschwerdeführer des zugrunde liegenden Falls wurde im Jahr 1994 wegen sexueller Nötigung und Vergewaltigung, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Zugleich wurde gegen ihn die Unterbringung in der
Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem Urteil vom 4. Mai 2011 alle Vorschriften über die Anordnung und Dauer der
Im Juni 2011 hob das Oberlandesgericht auf der Grundlage weiterer Sachverständigengutachten den angefochtenen Beschluss des Landgerichts auf und ordnete die Entlassung des Beschwerdeführers aus der
Das Bundesverfassungsgerichts hat die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts aufgehoben, weil sie dem Beschwerdeführer in seinem Freiheitsgrundrecht und dem ihm zukommenden Vertrauensschutz nicht hinreichend Rechnung tragen, und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: Der Beschluss des Landgerichts über die Fortdauer der
Auch die Entscheidung des Oberlandesgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinen oben genannten verfassungsmäßigen Rechten. Nachdem das Gericht die besonderen Voraussetzungen für eine Fortdauer der
Nach Maßgabe der vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 getroffenen Übergangsregelungen haben die Vollstreckungsgerichte in den so genannten „Altfällen“ aufgrund der besonderen Schwere des Grundrechtseingriffs das Vorliegen der Voraussetzungen der Fortdauer der
Im Hinblick auf die vom Landgericht erneut vorzunehmende Prüfung weist das Gericht zur Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „psychischen Störung“ i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG allerdings auf Folgendes hin: Der Gesetzgeber hat mit der Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz ersichtlich eine neue eigenständige Kategorie der Unterbringung psychisch gestörter, für die Allgemeinheit gefährlicher Personen geschaffen, die das Verständnis der psychischen Störung nach der Europäischen Menschenrechtskonvention aufgreift und unterhalb der Schwelle der Vorschriften zur Schuldfähigkeit anzusiedeln ist. Dementsprechend setzt der Begriff der psychischen Störung im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ThUG gerade nicht voraus, dass der Grad einer Einschränkung der Schuldfähigkeit nach §§ 20, 21 StGB erreicht wird. Vielmehr sind auch spezifische Störungen der Persönlichkeit, des Verhaltens, der Sexualpräferenz sowie der Impuls- und Triebkontrolle unter diesen Begriff zu fassen; gleiches gilt auch für die dissoziale Persönlichkeitsstörung. Entscheidend ist hier der Grad der objektiven Beeinträchtigung der Lebensführung in sozialer und ethischer Hinsicht, der anhand des gesamten - auch des strafrechtlich relevanten - Verhaltens des Betroffenen zu bestimmen ist.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.10.2011
Quelle: Bundesverfassungsgericht/ra-online
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