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Das Bundesverfassungsgericht hat erneut klargestellt, dass sich die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Deutung mehrdeutiger Tatsachenbehauptungen oder Werturteile grundlegend unterscheiden, je nach dem, ob die nachträgliche Sanktionierung schon erfolgter Äußerungen oder allein deren zukunftsgerichtete Abwehr in Frage steht.
Im Oktober 1997 verteilten zwei Abtreibungsgegner Flugblätter auf dem Gelände des Klinikums N. Auf der Vorderseite des Flugblatts wurde ein Arzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, der seine auf Schwangerschaftsabbrüche spezialisierte Praxis als rechtlich selbständigen Betrieb auf dem Gelände des Klinikums führt, namentlich benannt. Auf der Rückseite des Flugblatts findet sich unter anderem folgender Text: „Stoppen Sie den Kinder-Mord im Mutterschoß auf dem Gelände des Klinikums, damals: Holocaust – heute: Babycaust“. Im Rahmen eines zivilgerichtlichen Rechtsstreits nahm der Arzt die beiden Abtreibungsgegner auf
Die Abtreibungsgegner wurden wegen
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
1. Unterlassungsklage des Arztes
Das Oberlandesgericht sieht in der Äußerung „Kinder-Mord im Mutterschoß“ nachvollziehbar eine mehrdeutige Aussage. Bei deren Deutung geht es allerdings davon aus, dass der Begriff des „Mordes“ nicht im rechtstechnischen Sinne, sondern im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs zu verstehen sei und daher ein
Allein für nachträglich an eine Äußerung anknüpfende rechtliche Sanktionen – wie eine strafrechtliche Verurteilung oder die zivilgerichtliche Verurteilung zum Widerruf oder zum Schadensersatz – gilt im Interesse der
Nach diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben musste das Oberlandesgericht im Rahmen des Unterlassungsbegehrens auch die andere mögliche Auslegung zu Grunde legen, nämlich die, dass „Mord“ im rechtstechnischen Sinne zu verstehen war. Dasselbe gilt für den gegen den Arzt gerichteten Vergleich zwischen nationalsozialistischem Holocaust und dem ihm angelasteten „Babycaust“. Auch insoweit handelt es sich um eine mehrdeutige Äußerung. Sie konnte nicht nur als Vorwurf einer verwerflichen Massentötung menschlichen Lebens verstanden werden, sondern auch im Sinne einer unmittelbaren Gleichsetzung von nationalsozialistischem Holocaust und der als „Babycaust“ umschriebenen Tätigkeit des Beschwerdeführers.
2. Verurteilung der Abtreibungsgegner
Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Verurteilung der Abtreibungsgegner wegen
siehe auch Abtreibung ist kein "Babycaust"
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 23.06.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 55/06 des BVerfG vom 22.06.2006
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Dokument-Nr. 2562
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