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Das Bundesverfassungsgericht hatte über zwei Verfassungsbeschwerden zu entscheiden, in denen das Verhältnis von Persönlichkeitsrecht und Kunstfreiheit abgewogen werden mussten.
Im einen Fall richtet sich die Beschwerdeführerin gegen die Aufführung des von Lutz Hübner verfassten Theaterstücks "Ehrensache". Als Vorlage dieses Stücks dienten die Ereignisse um die Tötung der damals 14-jährigen Tochter der Beschwerdeführerin (sog. "Hagener Mädchenmord-Fall"). In dem Stück werden episodenhaft der Ablauf des Tages bis zur Tat und Ereignisse aus dem Leben der getöteten Ellena erzählt, deren Figur an die Tochter der Beschwerdeführerin angelehnt ist. Die Mutter des Mädchens rügt eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts ihrer Tochter. Sie beanstandet, dass die wesentlichen Handlungsstränge des Theaterstücks sich gewollt am realen Geschehen orientierten: ihre Tochter sei in der Figur der Ellena wieder zu erkennen. Durch die Darstellung werde ungeachtet der Veränderung des Namens und einiger Details das Lebensbild der Tochter entstellt und deren Wert und Achtungsanspruch verletzt. Die Darstellung beschränke sich darauf, die frühreife und starke sexuelle Ausrichtung der Verstorbenen sowie ihre charakterliche und moralische Haltlosigkeit zu betonen.
Im anderen Fall richtet sich die
Die Klagen der Beschwerdeführer auf Unterlassung blieben vor den Fachgerichten ohne Erfolg.
Die hiergegen gerichteten Verfassungsbeschwerden wurde vom Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen. Das (postmortale)
Es handelt sich um die ersten Folgeentscheidungen nach dem ESRA-Beschluss des Ersten Senats vom 13. Juni 2007. Um die Schwere der Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts durch die Veröffentlichung eines Kunstwerks bewerten zu können, ist nach der ESRA-Entscheidung eine kunstspezifische Betrachtung zur Bestimmung des durch das Theaterstück oder den Roman im jeweiligen Handlungszusammenhang dem Leser oder Zuschauer nahe gelegten Wirklichkeitsbezugs erforderlich. Dabei ist ein literarisches Werk oder ein Theaterstück zunächst als Fiktion anzusehen, das keinen Faktizitätsanspruch erhebt. Diese Vermutung gilt auch dann, wenn hinter den Figuren reale Personen als Urbilder erkennbar sind.
Mit ihrem Vorbringen, die Tochter bzw. die Lehrer würden vom Autor verzerrt und dadurch einseitig negativ dargestellt, machen die Beschwerdeführer dem Autor gerade die Fiktionalität seines Werks zum Vorwurf. Damit, dass sie erkennbar Vorbilder der dargestellten Figuren sind, ist noch nicht gesagt, dass das Werk seinem Zuschauer oder Leser nahe legt, alle Handlungen und Eigenschaften dieser Figuren dem getöteten Mädchen oder den beiden Lehrern zuzuschreiben. Für ein literarisches Werk, das an reale Geschehnisse anknüpft, ist vielmehr typischerweise kennzeichnend, dass es tatsächliche und fiktive Schilderungen vermengt. Unter diesen Umständen verfehlte es den Grundrechtsschutz für Literatur, wenn man die Persönlichkeitsverletzung bereits in der Erkennbarkeit als Vorbild einerseits und in den negativen Zügen der dargestellten Figur andererseits sähe. Über die bloße Erkennbarkeit hinaus bringen die Beschwerdeführer keine Anhaltspunkte vor, die es nahe legen würden, bestimmte in dem Theaterstück oder dem Roman dargestellte Ereignisse als tatsächlich geschehen und die grundsätzlich geltende Vermutung der Fiktionalität daher als widerlegt anzusehen.
Das Theaterstück tastet die
Das aus der Unverletzlichkeit der
Hinsichtlich des Romans hat das Oberlandesgericht ausgeführt, seine Passagen, in denen die Beschwerdeführer sich wieder erkennen, seien nicht als persönliche Abrechnungen gerade mit den Beschwerdeführern zu lesen. Die portraitierten Lehrer würden als Beispiele bestimmter Lehrertypen beschrieben, um Missstände und Merkwürdigkeiten des gymnasialen Schulbetriebs aufzuzeigen. Mit dieser Interpretation hat das Oberlandesgericht der aus der Kunstfreiheit folgenden Vermutung der Fiktionalität eines literarischen Textes in nicht zu beanstandender Weise Rechnung getragen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 31.01.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 12/08 des BVerfG vom 31.01.2008
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