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Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.06.2008
VI ZR 252/07 -

Bundesgerichtshof entscheidet erneut zum Roman "Esra"

Unterlassungs­anspruch der Tochter bestätigt - der der Mutter verworfen

Die Klägerinnen (Tochter und Mutter) haben sich gegen die Veröffentlichung des von der Beklagten verlegten Romans "Esra" von Maxim Biller gewandt. Das Buch handelt im Wesentlichen von einer Liebesbeziehung zwischen Esra und dem Ich-Erzähler. Die Klägerinnen haben geltend gemacht, der Roman verletze ihr allgemeines Persönlichkeits­recht, weil sich die Schilderung der Romanfiguren Esra und Lale eng an ihrem Leben orientiere.

Die Vorinstanzen haben die Veröffentlichung des Buchs untersagt. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten mit Urteil vom 21. Juni 2005 zurückgewiesen. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Urteil teilweise, nämlich hinsichtlich des Unterlassungsantrags der Klägerin zu 1, der Tochter, bestätigt, die Revisionsentscheidung jedoch hinsichtlich des Unterlassungsantrags der Klägerin zu 2, der Mutter, aufgehoben und die Sache insoweit an den Bundesgerichtshof zurückverwiesen (Roman "Esra" von Maxim Billler darf weiterhin nicht veröffentlicht werden).

Das Bundesverfassungsgericht hat die Beurteilung des Bundesgerichtshofs gebilligt, dass der Klägerin zu 1 ein Unterlassungsanspruch zustehe, weil sie als "Esra" eindeutig erkennbar gemacht sei, deren Darstellung die Intimsphäre der Klägerin zu 1 verletze und der Roman zudem auch mit der Schilderung der tatsächlich bestehenden lebensbedrohlichen Krankheit ihrer Tochter in schwerwiegender Weise ihr Persönlichkeitsrecht beeinträchtige. Dagegen werde die Revisionsentscheidung hinsichtlich der Klägerin zu 2 der gebotenen kunstspezifischen Betrachtung nicht in jeder Hinsicht gerecht.

Die hiernach gebotene erneute Abwägung hat nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zu dem Ergebnis geführt, dass bezüglich der Klägerin zu 2 der Kunstfreiheit der Vorrang gebührt. Die Verfremdung ist bei der Figur der Lale sehr viel deutlicher angelegt als bei der Figur der Esra. Die gegebene Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin zu 2 ist deshalb weniger schwerwiegend. Der Bundesgerichtshof hat daher die Unterlassungsklage der Klägerin zu 2 abgewiesen.

der Leitsatz

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 5 Abs. 3 Satz 1; BGB § 823 Abs. 1, § 1004

Zur Abwägung zwischen Kunstfreiheit und allgemeinem Persönlichkeitsrecht bei einem Roman, bei dem es sich um realistische Literatur handelt (im Anschluss an Senatsurteil vom 21. Juni 2005 - VI ZR 122/04 - und BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2007 - 1 BvR 1783/05).

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.06.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 110/08 des BGH vom 10.06.2008

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Fundstellen in der Fachliteratur:
  • VersR 2008, 1080Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2008, Seite: 1080

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