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Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.07.2014
V ZR 178/13 -

Keine Beschränkung des Anspruchs eines Bankkunden auf Rückgewähr einer Sicherungs­grund­schuld in Allgemeinen Geschäfts­bedingungen

BGH zur Unwirksamkeit von AGB-Klauseln einer Bank, die den Anspruch des Kunden auf Rückgewähr einer Sicherungs­grund­schuld auf deren Löschung beschränkt

Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass eine in Allgemeinen Geschäfts­bedingungen einer Bank verwendete Klausel, die den Anspruch des Bankkunden auf Rückgewähr einer Sicherungs­grund­schuld auf deren Löschung beschränkt, jedenfalls dann unwirksam ist, wenn sie sich auch auf Fallkonstellationen erstreckt, in denen der Inhaber des Rückgewähranspruchs im Zeitpunkt der Rückgewähr nicht mehr Grund­stücks­eigentümer ist.

Der Beklagte des zugrunde liegenden Falls war im Jahr 1997 Gesellschafter einer GmbH und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zweck der GbR war die Errichtung einer Arbeitshalle, die an die GmbH vermietet werden sollte. Eigentümer des zu bebauenden Grundstücks waren der Beklagte und sein Mitgesellschafter. 1997 nahm der Beklagte bei der klagenden Bank ein Darlehen auf, das er der GbR zur Verfügung stellte. Zu dessen Sicherung bestellte er gemeinsam mit seinem Mitgesellschafter eine Buchgrundschuld über 645.000 DM an dem Grundstück, die letztlich noch drei weitere Darlehen sicherte. In der Sicherungsabrede aus dem Jahr 2002 heißt es in einer von der Bank vorformulierten Klausel:

5. Erledigung des Sicherungszwecks

"Soweit dem Sicherungsgeber nach Erledigung des vereinbarten Sicherungszwecks ein Rückgewähranspruch auf die oben bezeichnete Grundschuld zusteht, ist dieser auf den Anspruch auf Löschung der Grundschuld beschränkt, es sei denn, dass im Zeitpunkt der Rückgewähr das Eigentum an dem belasteten Grundstück durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung gewechselt hat."

Bank verlangt Rückzahlung des verbleibenden Darlehensbetrags

Im Dezember 2005 schied der Beklagte aus der GbR aus. Seit dem Jahr 2008 ist sein früherer Mitgesellschafter Alleineigentümer des Grundstücks. Im Juli 2008 kündigte die Bank das Darlehen und trat die Grundschuld ohne Beteiligung des Beklagten im Zuge einer Umschuldung der weiteren gesicherten Darlehen an eine andere Bank ab. Mit der Klage verlangt sie Rückzahlung des verbleibenden Darlehensbetrags von 48.517,50 Euro. Der Beklagte meint, er müsse nur gegen Rückgewähr der Grundschuld zahlen. Er hafte im Innenverhältnis zu seinem früheren Mitgesellschafter nicht (mehr) und müsse das Grundpfandrecht als Sicherung für seine Regressforderungen erhalten.

Verfahrensgang

Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben, ohne ein solches Zurückbehaltungsrecht zu berücksichtigen; die Berufung des Beklagten hat das Kammergericht durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Beklagten wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts zugelassen. Nunmehr hat der Bundesgerichtshof den Beschluss des Kammergerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Klausel zur Rückgewähr durch Löschung der Grundschuld widerspricht gesetzlichem Leitbild

Zur Begründung führte der Bundesgerichtshof aus, dass ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten nach den bisherigen Feststellungen nicht verneint werden könne. Insbesondere stehe die in der Sicherungsabrede enthaltene vorformulierte Bestimmung nicht entgegen, wonach die Rückgewähr durch Löschung der Grundschuld erfolgt. Eine solche Klausel ist unwirksam. Sie widerspricht dem gesetzlichen Leitbild und hält der richterlichen Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BGB* jedenfalls dann nicht stand, wenn sie sich auch auf Fallkonstellationen erstreckt, in denen der Inhaber des Rückgewähranspruchs - wie hier - im Zeitpunkt der Rückgewähr nicht mehr Grundstückseigentümer ist. Nach dem Gesetz entscheide der Kunde, ob eine Grundschuld nach Tilgung der gesicherten Forderung gelöscht oder erneut verwendet werden soll. Er könne nämlich wählen, ob das Grundpfandrecht durch Löschung, durch Verzicht oder durch Übertragung an ihn oder einen Dritten zurückgewährt werden soll. Wenn der Kunde trotz eines Eigentumswechsels Inhaber des Rückgewähranspruchs bleibt, weil er gegenüber der Bank weiter für die gesicherten Forderungen haftet, komme die Löschung nur dem neuen Grundstückseigentümer zugute (hier also dem früheren Mitgesellschafter des Beklagten). Jedenfalls in derartigen Fällen werde der Rückgewähranspruch infolge der Klausel faktisch ausgeschlossen und der Kunde gravierend benachteiligt; das Interesse der Bank, die Vertragsabwicklung zu vereinfachen, könne dies nicht rechtfertigen, so das Gericht.

Das Kammergericht wird nun weitere Feststellungen treffen und gegebenenfalls klären müssen, ob sich die Bank die Grundschuld wieder beschaffen kann oder sich durch deren Übertragung an eine andere Bank schadensersatzpflichtig gemacht hat.

Erläuterungen

* - § 307 Inhaltskontrolle

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen [...]

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung

1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder

2.wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

 

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 21.07.2014
Quelle: Bundesgerichtshof/ra-online

Vorinstanzen:
  • Landgericht Berlin, Urteil vom 05.10.2011
    [Aktenzeichen: 10 O 316/11]
  • Kammergericht Berlin, Urteil vom 22.10.2012
    [Aktenzeichen: 12 U 134/11]
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