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Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hatte darüber zu entscheiden, ob eine von einem Privatsender im Rahmen der Sendung "Kalkofes Mattscheibe" ausgestrahlte Satire auf die Fernsehshow "Der Preis ist heiß" eines anderen privaten Fernsehsenders gegen Urheberrecht oder Wettbewerbsrecht verstößt.
Die Folge der Fernsehshow, die Gegenstand der Satire ist, war im Studio mit einem vielköpfigen Publikum aufgezeichnet worden. Als Sponsor war der Hersteller eines später in einer Spielszene unter Mitwirkung eines Moderators beworbenen Blasenstärkungsmittels genannt worden. In verschiedenen Spielrunden mußten Kandidaten die Preise von Markenartikeln raten, die in der Sendung präsentiert und herausgehoben wurden. Wer dabei treffsicher war, konnte diese Markenartikel als Preise von nicht unbeträchtlichem Wert gewinnen. Es handelte sich der Sache nach um eine Werbesendung für Markenartikel mit einem eher schlichten und anspruchslosen Niveau.
In dem Satirebeitrag, der eine Gesamtlänge von 1:25 Minuten hat, werden Originalausschnitte aus der Fernsehshow - einschließlich des Werbespots für das Blasenstärkungsmittel - mit einer Gesamtdauer von etwa 58 Sekunden verwendet. Im Anschluß an Bildfolgen vom Beginn der Show und an den - nur geringfügig gekürzt übernommenen - Werbespot "bewirbt" darin Oliver Kalkofe das Blasenstärkungsmittel kabarettistisch als ein Mittel zur Erleichterung des Wasserlassens. Die so beworbene Produktwirkung wird dabei drastisch am "Beispiel" des im Werbespot mitwirkenden Moderators "demonstriert", wobei Bildausschnitte aus einer pantomimischen Darstellung des Moderators aus der Fernsehshow mit neuen Bildfolgen zusammengeschnitten sind. In der Art eines Abspanns für diesen "Werbespot" zeigen nun verschiedene Ausschnitte aus der Eröffnungssequenz der Fernsehshow wieder das beim Auftritt des Moderators heftig applaudierende Publikum. Im Off kommentiert dazu Kalkofe: "Diese Sendung wurde live vor Publikum in einer geschlossenen Anstalt aufgenommen. Publikum und Moderatoren befinden sich in psychiatrischer Behandlung. Bis zum nächsten Mal!"
Der Senat hat sich der Ansicht des Berufungsgerichts, daß der Beitrag in "Kalkofes Mattscheibe" die Rechte der Klägerin an den aus der Fernsehshow übernommenen Bildfolgen verletze und eine wettbewerbswidrige Herabsetzung des Programms eines konkurrierenden Fernsehsenders sei, nicht angeschlossen. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts beschränke sich der Beitrag nicht darauf, mit Hilfe der Originalausschnitte aus der Fernsehshow, das Problem, bei dem das Blasenstärkungsmittel helfen solle, ins Lächerliche zu ziehen. Nach der antithematischen Behandlung der Werbung für das Blasenstärkungsmittel gehe es dem Beitrag vielmehr darum, die ganze Show als niveaulos darzustellen. Diese werde als ein "Stück aus dem Tollhaus" hingestellt. Nach der "Werbung" von Kalkofe würden zwar nur noch Original-Ausschnitte aus der Show gezeigt, aber so ausgewählt, daß sie nun - nachdem das Sponsorprodukt und der Moderator ins Lächerliche gezogen worden seien - als eine Art von Realsatire und als "Beleg" für die mit begleitenden Worten im Off ausgedrückte Pauschalkritik angeführt werden könnten.
Der Beitrag in "Kalkofes Mattscheibe" sei urheberrechtlich als ein neues selbständiges Werk zu werten, das mit geschickter Montagetechnik darauf hinarbeite, die Fernsehshow bloßzustellen. Es könne sein, daß die darin satirisch gestaltete Kritik als selbst nicht gelungen, geschmacklos, bösartig, gehässig oder ungerechtfertigt, rechts- oder sittenwidrig angesehen werde. Für die Beurteilung eines Werkes als freie Benutzung einer urheberrechtlich geschützten Vorlage sei dies jedoch ebensowenig von Belang wie für die Bewertung einer persönlichen geistigen Schöpfung als urheberrechtlich schutzfähiges Werk. Der Schutz gegen Schmähkritik sowie gegen die Verbreitung rechts- und sittenwidriger Werke sei nicht Aufgabe des Urheberrechts. Ebenso sei die Beurteilung von Geschmacksfragen nicht Sache der Gerichte.
Die Ausstrahlung des Satirebeitrags durch einen Konkurrenzsender sei auch nicht als wettbewerbswidrig anzusehen, sondern liege im Rahmen der durch die Rundfunkfreiheit (Art. 5 GG) geschützten Aufgabenstellung des beklagten Fernsehsenders. Zur Aufgabe von Presse und Rundfunk gehöre auch die Medienkritik.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.10.2005
Quelle: ra-online, Bundesgerichtshof
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