wichtiger technischer Hinweis:
Sie sehen diese Hinweismeldung, weil Sie entweder die Darstellung von Cascading Style Sheets (CSS) in Ihrem Browser unterbunden haben, Ihr Browser nicht vollständig mit dem Standard HTML 4.01 kompatibel ist oder ihr Browsercache die Stylesheet-Angaben „verschluckt“ hat. Lesen Sie mehr zu diesem Thema und weitere Informationen zum Design dieser Homepage unter folgender Adresse:   ->  weitere Hinweise und Informationen


Dies ist die mobile Version von kostenlose-urteile.de - speziell optimiert für Smartphones.

Klicken Sie hier, wenn Sie lieber die klassische Version für Desktop-PCs und Tablets nutzen wollen.


Hier beginnt die eigentliche Meldung:

Bundesgerichtshof, Urteil vom 06.03.2018
1 StR 277/17 -

BGH: Angaben eines Tatverdächtigen gegenüber Arzt im Beisein eines Polizisten kann Beweis­verwertungs­verbot unterliegen

Befunderhebung des Arztes führt zur Selbstbelastung des Patienten

Muss sich ein Tatverdächtiger zur ärztlichen Behandlung zwingend selbst belasten und hört dies ein anwesender Polizeibeamter mit, so dürfen die Angaben gegenüber dem Arzt nicht verwertet werden. Es liegt ein Beweis­verwertungs­verbot vor. Dies hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Februar 2017 hatte das Landgericht Traunstein eine 75-jährige Frau wegen Brandstiftung zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Ihr wurde vorgeworfen die Doppelhaushälfte, in der sie gelebt hatte, in Brand gesetzt zu haben. Das Landgericht war aufgrund von Angaben, welche die Angeklagte gegenüber einem Arzt getätigt hatte, von ihrer Täterschaft überzeugt. Die Angeklagte hatte vor der Tat eine große Menge von Psychopharmaka zu sich genommen, weswegen sie unter anderem von einer Kriminalkommissarin ins Krankenhaus gebracht wurde. Obwohl sie bereits der Polizei gegenüber gesagt hatte, von ihrem Schweigerecht Gebrauch machen zu wollen, hatte die Kriminalkommissarin wiederholt Fragen zur Tat gestellt. Während der ärztlichen Behandlung blieb die Kommissarin im Behandlungszimmer und wurde daher Zeugin der Selbstbelastung. Die Angeklagte hatte gegenüber dem Arzt zwecks Befunderhebung die Tathandlung geschildert. Die Angaben der Kommissarin verwertete das Landgericht anschließend. Gegen das Urteil des Landgerichts legte die Angeklagte Revision ein.

Vorliegen eines Beweisverwertungsverbots

Der Bundesgerichtshof entschied zu Gunsten der Angeklagten. Er hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies den Fall zur Neuverhandlung an eine andere Strafkammer des Gerichts. Es sei zu beachten, so die Bundesrichter, dass im Rahmen eines Strafverfahrens niemand gezwungen werden dürfe, sich durch seine eigene Aussage einer Straftat zu bezichtigen oder zu einer Überführung aktiv beizutragen. Der Beschuldigte müsse frei entscheiden dürfen, ob und gegebenenfalls wie er im Strafverfahren mitwirken möchte. Eine solche eigenverantwortliche Entscheidung sei bei der Angeklagten nicht gegeben gewesen. Die Angaben der Angeklagten gegenüber dem Arzt unterliegen daher einem Beweisverwertungsverbot.

Bewusste Ausnutzung einer Zwangssituation durch Polizei

Die Kriminalkommissarin habe nach Auffassung des Bundesgerichtshofs zu keinem Zeitpunkt das Schweigerecht der Angeklagten respektiert. Die Angeklagte sei einer dauerhafte Befragung ausgesetzt gewesen. Schon allein die schlechte gesundheitliche Verfassung der ausdrücklich nicht aussagebereiten Angeklagten verbot weitere Fragen zur Tat. Zudem habe die Kommissarin durch ihre Anwesenheit bei der ärztlichen Behandlung bewusst eine Zwangssituation der Angeklagten ausgenutzt. Die Angeklagte sei zwecks Befunderhebung gezwungen gewesen, möglichst genaue Angaben zur Brandstiftung zu machen. Ein Grund zur Anwesenheit der Kommissarin im Behandlungszimmer habe nicht bestanden.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.04.2019
Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Traunstein, Urteil vom 03.04.2017
    [Aktenzeichen: 6 KLs 402 Js 73330/16]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2018, 1986Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2018, Seite: 1986
  • NJW-Spezial 2018, 409Zeitschrift: NJW-Spezial, Jahrgang: 2018, Seite: 409
  • NStZ 2019, 36Neue Zeitschrift für Strafrecht (NStZ), Jahrgang: 2019, Seite: 36
  • StV 2018, 767Zeitschrift: Der Strafverteidiger (StV), Jahrgang: 2018, Seite: 767

Urteile sind im Original meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst kostenlose-urteile.de alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/BGH_1-StR-27717_BGH-Angaben-eines-Tatverdaechtigen-gegenueber-Arzt-im-Beisein-eines-Polizisten-kann-Beweisverwertungsverbot-unterliegen~N27278

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Dokument-Nr.: 27278 Dokument-Nr. 27278

recht-aktuell.de Alles, was Recht ist

kostenlose-urteile.de ist ein Service der ra-online GmbH


Die Redaktion von kostenlose-urteile.de gibt sich größte Mühe bei der Zusammenstellung interessanter Urteile und Meldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann kostenlose-urteile nicht die fachkundige Rechtsberatung in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.