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Amtsgericht München, Urteil vom 11.12.2017
345 C 13556/17 -

Kratzer am Auto: Kinder haften nicht immer für Beschädigungen an geparktem Fahrzeugen

Schadens­verursachung bei altersgemäß falscher Einschätzung der im Verkehr bestehenden Gefahren führt zum Ausbleiben der Haftung

Das Amtsgericht München hat entschieden, dass Kinder nicht für Beschädigungen an geparkten Fahrzeugen haften, wenn der Schaden bei altersgemäß falscher Einschätzung der im Verkehr bestehenden Gefahren zugefügt wurde.

Im zugrunde liegenden Fall klagte ein Fahrzeugbesitzer aus Brunnthal auf Schadensersatz in Höhe von 1.468,34 Euro wegen eines Kratzers an seinem Pkw, den ein siebenjähriger Schüler mit dem blanken Ende eines Kickboardlenkers verursacht hatte.

Geparktes Auto bei Ausweichen vor vorbeifahrendem Auto beschädigt

Der Kläger trug vor, dass sich bald nach dem Schadensereignis der Stiefvater des Jungen bei ihm gemeldet und für den gerade verursachten Schaden entschuldigt habe. Der als Zeuge einvernommene 43-jährige Stiefvater gab an, dass der Junge die ihm und seiner älteren Schwester gehörenden Kickboards, die sie beide woanders abgestellt hatten, zurückholen wollte. In der Wohnstraße mit Tempo 30 habe ein Pkw ausgeparkt und sei nicht allzu schnell am Jungen vorbeigefahren, als dieser im Begriff war mit den Kickboards an beiden Händen die Straße zu überqueren, um zur restlichen Familie zu kommen. Der Junge sei dann bei Vorbeifahren des Pkw mit dem rechten Kickboardlenker an dem geparkten klägerischen Auto hängen geblieben. Der Junge habe sich schmal gemacht um dem Pkw auszuweichen. Der Lenker habe leider keine Gummigriffe gehabt. Man habe dann den Schaden gesehen. Es habe sich um einen frischen langen Kratzer an der Fahrertür und am Kotflügel des noch sehr gut erhaltenen Autos gehandelt.

AG verneint Anspruch des Fahrzeugbesitzers auf Schadensersatz

Das Amtsgericht München wies die Klage des Fahrzeughalters ab. Die Klagepartei habe gegen den Beklagten keine Ansprüche auf Schadensersatz. Gemäß § 828 BGB hafte der Beklagte vorliegend nach dem Wortlaut nur für Vorsatz: "Wer das siebente aber nicht das zehnte Lebensjahr vollendet hat, ist für den Schaden den er bei einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn einem anderen zufügt, nicht verantwortlich. Dies gilt nicht, wenn er die Verletzung vorsätzlich herbeigeführt hat". Diesen Wortlaut habe der Bundesgerichtshof bei einem Unfall mit einem geparkten Fahrzeug eingeschränkt. Grund dafür sei laut Gericht, dass im ruhenden Verkehr normalerweise gerade nicht die besonderen Gefahren von Kraftfahrzeugen wirkten, welche ein Kind überfordern könnten.

Unfallursache war nicht nur parkendes sondern auch bewegtes Kraftfahrzeug

Der Gesetzgeber habe Kinder diesen Alters von Haftung freistellen wollen, wenn sich bei der gegebenen Fallkonstellation eine typische Überforderungssituation des Kindes durch die spezifischen Gefahren des motorisierten Verkehrs realisiert habe. Der vorliegende Fall unterscheide sich aber dadurch, dass auch nach dem Vortrag der Klagepartei das Kind einem anderen fahrenden Kraftfahrzeug ausgewichen sei und dabei den Schaden verursacht habe. Dementsprechend handele es sich nicht allein um die Beschädigung eines abgestellten Pkws, sondern Unfallursache sei ebenfalls ein bewegtes Kraftfahrzeug gewesen. Die Fähigkeit Entfernungen und Geschwindigkeiten richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahren zu verhalten sei vorliegend relevant, anders als bei einem Unfall allein im ruhenden Verkehr.

Es sei laut Gericht unerheblich, ob die Überforderung des Kindes vom beschädigten oder einem anderen Pkw ausging.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.05.2018
Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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