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Amtsgericht Eschweiler, Urteil vom 03.01.1986
6 C 599/85 (falsch: 6 C 599/86) -

Augenverletzung durch geworfene Tulpe auf Rosenmontagsumzug

Werfen von kleinen Gegenständen gehört zum rheinischen Brauchtum und stellt keine unerlaubte Handlung dar

Wer einen Karnevalsumzug besucht und eine Verletzung durch geworfene Gegenstände ausschließen will, der muss sich außerhalb der Wurfreichweite aufhalten. Kommt es nämlich zu einer Verletzung durch geworfene, üblicherweise aber ungefährliche, Gegenstände, so kann der Werfer nicht automatisch auf Schmerzensgeld in Anspruch genommen werden. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Eschweiler hervor.

Die Besucherin eines Rosenmontagsumzugs wurde während der Feierlichkeit von einem Wagen aus mit einer ihrer Auffassung nach "zu einem eisharten Geschoß gefrorenen Tulpe" am linken Auge getroffen und verletzt. Der Werfer habe direkt auf ihren Kopf gezielt und dabei das spitze Stielende nach vorne gewendet. Die Verletzung habe ihr Sehvermögen dauerhaft beschädigt. Deshalb fordere sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500 DM. Der Werfer bestritt die Anschuldigungen, gezielt auf die Frau geworfen zu haben und dass die Tulpe in gefrorenem Zustand gewesen sei.

Das Werfen von Gegenständen gehört zu rheinischen Gepflogenheiten

Das Amtsgerichts Eschweiler wies die Klage ab. Es sei nicht erwiesen, dass der Beklagte tatsächlich mit einer "zu einem harten Geschoss" gefrorenen Blume geworfen habe. An Rosenmontag sei das Werfen von Blumen vom Karnevalswagen aus in die Menschenmenge nicht widerrechtlich, sondern gehöre zu den geduldeten und sogar geförderten Gepflogenheiten im rheinischen Bereich.

Werfen von kleinen Gegenständen im Rahmen des Karnevalsumzugs nicht rechtswidrig

Die Verletzung, die durch die geworfene Blume entstanden war, stritt das Gericht nicht ab. Auch nicht, dass der Beklagte diese geworfen habe. Im vorliegenden Fall müsse mangels Beweis jedoch davon ausgegangen werden, dass die geworfene Tulpe nicht gefroren war. Zwar könnten auch weiche Gegenstände, je nach Auftreffwinkel, Geschwindigkeit und Beschaffenheit ebenfalls zu derartigen Verletzungen führen, jedoch sei das Werfen einer Blume in normaler, in der Regel also weicher Beschaffenheit, nicht rechtswidrig und verwirkliche nicht den Tatbestand einer unerlaubten Handlung (§§ 823 ff. BGB). Das Werfen von kleinen Gegenständen im Rahmen des Karnevalsumzugs sei nicht verboten und die hiervon ausgehenden Gefahren relativ gering. Außerdem könne sich jeder Besucher wirksam schützen, indem er die Werfer beobachte oder sich in einem Bereich außerhalb der Wurfweite aufhalte.

Das vorliegende Urteil wird häufig mit dem falschen Aktenzeichen "6 C 599/86" zitiert. Richtig ist das Az. "6 C 599/85".

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.02.2012
Quelle: ra-online, Amtsgericht Eschweiler (vt/st)

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