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Amtsgericht Augsburg, Urteil vom 07.07.2016
15 C 89/16 -

Verschärfte Sicherheitslage in Reiseregion aufgrund Häufung von Terroranschlägen rechtfertigt Kündigung des Reisevertrags

Reisender kann sich auf höhere Gewalt im Sinne von § 651 j BGB berufen

Kommt es aufgrund der Häufung von Terroranschlägen zu einer Verschärfung der Sicherheitslage in einer Reiseregion, berechtigt dies den Reisenden zur Kündigung des Reisevertrags wegen höherer Gewalt gemäß § 651 j BGB. Ihm steht in diesem Fall gegen den Reiseveranstalter ein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung zu. Dies hat das Amtsgericht Augsburg entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2015 buchte ein Familienvater für sich und seine Familie eine Pauschalreise in die Türkei für den April 2016. Die Reise sollte in Istanbul beginnen und nach einer Busreise mit einem Badeurlaub an der türkischen Riviera enden. Aufgrund von nachfolgenden Terroranschlägen in der Türkei mit mehreren Toten kündigte der Familienvater im Januar 2016 jedoch den Reisevertrag und verlangte die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung in Höhe von 728 EUR. Die Reiseveranstalterin lehnte eine kostenlose Stornierung ab und verlangte die Zahlung von Stornokosten in Höhe von 873 EUR. Sie verwies unter anderem darauf, dass keine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes vorgelegen habe und dem Familienvater die Sicherheitslage in der Türkei habe bekannt sein müssen. Der Familienvater sah sich schließlich gezwungen Klage zu erheben.

Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung

Das Amtsgericht Augsburg entschied zu Gunsten des Familienvaters. Ihm stehe der Anspruch auf Rückzahlung der geleisteten Kaution zu. Denn er habe wirksam den Reisevertrag aufgrund höherer Gewalt gemäß § 651 j BGB kündigen dürfen.

Verschärfte Sicherheitslage in Reiseregion aufgrund Häufung von Terroranschlägen rechtfertigt Kündigung des Reisevertrags

Zwar sei es richtig, so das Amtsgericht, dass einzelne Terrorakte keine höhere Gewalt darstellen, sondern vielmehr zum allgemeinen Lebensrisiko gehören. Jedoch könne angesichts des Doppelanschlags in Ankara mit 100 Toten im Oktober 2015, des Rohrbombenanschlags in Istanbul nahe einer Metro-Station mit verletzten Personen im Dezember 2015, des Angriffs mit Mörsergranaten auf den Flughafen Istanbul mit einer Toten im Dezember 2015 und dem Selbstmordanschlag in der Altstadt Istanbuls mit 10 Toten im Januar 2016 nicht mehr von Einzelakten gesprochen werden. Unabhängig davon, dass das Auswärtige Amt keine Warnhinweise ausgegeben habe, liege höhere Gewalt vor.

Verschärfung der Sicherheitslage nicht vorhersehbar

Nach Auffassung des Amtsgerichts sei die Verschärfung der Sicherheitslage für den Familienvater nicht vorhersehbar gewesen. Zwar habe eine verschärfte Sicherheitslage in den Kurdengebieten bestanden, nicht jedoch in der Reiseregion.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 30.11.2017
Quelle: Amtsgericht Augsburg, ra-online (vt/rb)

Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • DAR 2017, 321Zeitschrift: Deutsches Autorecht (DAR), Jahrgang: 2017, Seite: 321
  • NJW-RR 2017, 118Zeitschrift: NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht (NJW-RR), Jahrgang: 2017, Seite: 118

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