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Verfassungsgerichtshof Berlin, Urteil vom 19.02.2007
VerfGH 168/06 und VerfGH 169/06 -

Politiker scheitern mit Klage auf Einzug in das Berliner Abgeordnetenhaus

Verteilung der Ausgleichsmandate bei Abgeordnetenhauswahl vom 17. September 2006 auf Bezirkslisten der Parteien ist rechtmäßig

Zwei Berliner Politiker sind mit ihrer Klage auf Einzug in das Berliner Abgeordnetenhaus gescheitert. Die Verteilung der Ausgleichsmandate bei Berliner Abgeordnetenhauswahl vom 17. September 2006 auf Bezirkslisten der Parteien ist rechtmäßig. Das hat der Berliner Verfassungsgerichtshof entschieden.

Der Landeswahlausschuss hat das Ergebnis der Wahl vom 17. September 2006 zutreffend festgestellt. Die von ihm mit Beschluss vom 5. Oktober 2006 vorgenommene Verteilung der Ausgleichsmandate auf die Bezirkslisten der Parteien ist rechtmäßig. Die der Verteilung zugrunde liegende Berechnungsmethode führt den im Landeswahlgesetz enthaltenen Grundgedanken folgerichtig weiter, wonach die einer Partei zustehenden Mandate gemäß dem Verfahren der mathematischen Proportion nach Hare-Niemeyer auf deren Bezirkslisten verteilt werden sollen. Dagegen führt die von dem Landeswahlleiter noch bei der Berechnung des vorläufigen Wahlergebnisses angewandte Berechnungsmethode zu einer im Widerspruch zur Grundentscheidung des Landesgesetzgebers stehenden weiteren Stärkung gerade derjenigen Wahlkreisverbände, die bereits über die größten Stimmen- und damit Mandatsanteile verfügen. Mit dieser Begründung wies der Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin die Einsprüche zweier nach dem festgestellten Endergebnis nicht in das Abgeordnetenhaus gewählter Politiker zurück, die auf Bezirkslisten der FDP bzw. der CDU kandidiert und nach dem vorläufigen Wahlergebnis vom Landeswahlleiter noch als gewählte Abgeordnete benannt worden waren.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof verwarf damit die von dem Landeswahlleiter bevorzugte Berechnung der Ausgleichsmandatszuteilung, wonach die Anzahl der Zweitstimmen in jedem Wahlkreisverband lediglich mit der Zahl der zu vergebenden Ausgleichsmandate multipliziert und dann durch die Gesamtzahl der Zweitstimmen der Partei aus allen Wahlkreisverbänden geteilt worden war. Stattdessen entschieden sich die Verfassungsrichter für die vom Landeswahlausschuss gewählte Methode, nach der die Anzahl der Zweitstimmen in jedem Wahlkreisverband mit der Zahl der insgesamt zu verteilenden Mandate - Grundmandate und Überhangmandate und Ausgleichsmandate - einer Partei multipliziert und dann durch die Gesamtzahl der Zweitstimmen der Partei aus allen Wahlkreisverbänden geteilt wird.

Die Richter betonten, dass diese Methode nicht nur zu einer systemgerechten Berechnung und Verteilung der Ausgleichsmandate führe, sondern auch durch den Grundsatz der Chancengleichheit der Wahlbewerber geboten sei. Dies belege auch ein Vergleich der nach den beiden in Frage stehenden Berechnungsmethoden für den Erwerb eines Mandats benötigten Stimmen. Auf der Grundlage der vom Landeswahlleiter bevorzugten Berechnungsmethode benötige beispielsweise ein Kandidat auf der Bezirksliste Charlottenburg-Wilmersdorf der CDU im Fall der Zuteilung des in Frage stehenden Ausgleichsmandats auf diese Bezirksliste lediglich 7.200 Stimmen. Für ein von der Bezirksliste Marzahn-Hellersdorf der CDU gewonnenes Mandat wären dagegen insgesamt 12.658 Stimmen abgegeben worden. Demgegenüber seien die erforderlichen Stimmenzahlen bei der vom Landeswahlausschuss vorgenommenen Berechnung deutlich angenähert: Für die Bezirksliste Charlottenburg-Wilmersdorf seien es 9.000 Stimmen pro Mandat, für die Bezirksliste Marzahn-Hellersdorf 6.329 Stimmen pro Mandat.

Gegen die vom Landeswahlausschuss vorgenommene Berechnung spreche auch nicht, dass sich bei Anwendung des Verfahrens in rechnerischen Randbereichen eine von der Verteilung der Grundmandate abweichende Sitzverteilung ergeben könne. Zwar sei dem Verfahren der mathematischen Proportion nach Hare-Niemeyer systemimmanent, dass dasselbe Stimmenergebnis bei einer Erhöhung der Gesamtmandatszahl in Ausnahmefällen zu einem Verlust eines Mandats führen könne (sog. "Alabama-Paradoxon"). Mit den Regelungen des Landeswahlgesetzes sei es jedoch vereinbar, wenn in dem Fall, in dem die entsprechend der Berechnung des Landeswahlausschusses vorgenommene Verteilung der Ausgleichsmandate auf die Bezirkslisten bei einer dieser Listen tatsächlich einmal zu einer niedrigeren Mandatszahl im Vergleich zur ursprünglichen Verteilung der Grund- und Überhangmandate nach den Vorschriften des Landeswahlgesetzes führte, die betroffene Bezirksliste mit ihrer Zweitstimmenzahl und den bereits zugewiesenen Mandaten einschließlich etwaiger Überhangmandate aus der Berechnung genommen und die Berechnung erneut ohne sie durchgeführt werde.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.02.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin vom 19.02.2007

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