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Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat entschieden, dass die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat für Asylbewerber weder verfassungs- noch unionsrechtlich zu beanstanden ist. Dies gilt auch für Angehörige des Volks der Roma aus Serbien. Der Verwaltungsgerichtshof änderte damit ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, das eine politische Verfolgung der Roma in Serbien bejaht hatte.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls ist serbischer Staatsangehöriger und gehört dem Volk der Roma an. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Beklagte) lehnte seinen Asylantrag im August 2013 als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich sowie Abschiebungsverbote nach dem Aufenthaltsgesetz nicht vorliegen, und drohte dem Kläger die Abschiebung nach Serbien an. Dagegen erhob der Kläger Klage.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung an und verpflichtete mit Urteil vom 25. März 2014 die Beklagte, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, weil ihm in Serbien eine an seine Rasse anknüpfende Verfolgung drohe. Auf Antrag der Beklagten ließ der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg die Berufung zu. Während des Berufungsverfahrens trat das Gesetz zur Einstufung weiterer Staaten als sichere Herkunftsstaaten und zur Erleichterung des Arbeitszugangs für
Der Kläger habe nach der maßgebenden Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, weil er aus einem sicheren Herkunftsstaat stamme und die Vermutung, dass ein Asylsuchender aus einem solchen Staat nicht politisch verfolgt werde, nicht widerlegt habe.
Die Einstufung der Republik Serbien als sicherer Herkunftsstaat sei verfassungsgemäß. Der Gesetzgeber habe zahlreiche Erkenntnismittel ausgewertet und bewertet, insbesondere (Lage-)Berichte des Auswärtigen Amtes, eine EASO-Untersuchung zu Asylanträgen aus den westlichen Balkanstaaten vom November 2013 sowie Erkenntnisse lokaler Menschenrechtsgruppen, vor Ort vertretener Nichtregierungsorganisationen und internationaler Organisationen. Zudem habe er die Einstufung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat in anderen EU-Staaten und in der Schweiz in den Blick genommen. Im Gesetzgebungsverfahren seien Gutachten mehrerer Sachverständiger eingeholt und in einer öffentlichen Anhörung des Innenausschusses ausführlich erörtert worden. Dieses Vorgehen sei, auch unter dem Gesichtspunkt der Transparenz, verfassungsgemäß.
Der Gesetzgeber habe die von ihm ermittelten Tatsachen auch tragfähig beurteilt. Die dabei zugrunde gelegten Teilbereiche (Demokratie und Mehrparteiensystem, Rechtsstaatlichkeit und unabhängige Regulierungsbehörden, freie Medien, rechtliche und praktische Gewährung von Menschenrechten, Grundfreiheiten, Minderheiten- und Diskriminierungsschutz unter besonderer Berücksichtigung der Volksgruppe der Roma, wirtschaftliche und soziale Lage, Folgen der Asylantragstellung im Ausland, Stabilität der Verhältnisse) entsprächen den verfassungsrechtlichen Prüfkriterien. Der Gesetzgeber habe vor allem die für Roma schwierige wirtschaftliche, soziale und gesellschaftliche Lage in Serbien berücksichtigt und eigenständig, teils auch abweichend von gutachtlichen Stellungnahmen, bewertet und daraus innerhalb seines Einschätzungs- und Bewertungsspielraums vertretbare Schlussfolgerungen gezogen. Entscheidendes Gewicht habe er dem Bemühen der serbischen Regierung zugemessen, die Lage der Roma durch eine aktive Minderheitenpolitik zu verbessern.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts seien Roma in Serbien keiner asylerheblichen staatlichen oder quasi-staatlichen Verfolgung auf Grund ihrer Volkszugehörigkeit ausgesetzt. Das entspreche gefestigter und nahezu einhelliger Rechtsprechung. Das Verwaltungsgericht stütze seine gegenteilige Ansicht lediglich auf die Aussage einer Zeugin in einem anderen Verfahren des Verwaltungsgerichts. Die Angaben der Zeugin würden aber nicht durch Beispielsfälle konkretisiert. Auch wenn es in der Vergangenheit immer wieder eine Reihe zum Teil auch gewalttätiger Übergriffe Dritter auf Roma gegeben habe, die die Polizei nicht immer mit der gebotenen Konsequenz verfolgt habe, sei nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht davon auszugehen, dass der serbische Staat zur Schutzgewährung grundsätzlich nicht willens oder nicht in der Lage sei. Auch unter diesen Gesichtspunkten sei die Bestimmung Serbiens als sicheres Herkunftsland nicht zu beanstanden.
Es bestünden auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der serbische Staat in die nach dem Protokoll Nr. 4 zur Europäischen Menschenrechtskonvention geschützte Ausreisefreiheit von Angehörigen der Roma asylrelevant eingreife oder
Eine Unionsrechtswidrigkeit der - auch in zahlreichen anderen EU-Mitgliedstaaten wie Belgien, Frankreich, Luxemburg, Österreich und Großbritannien geltenden - Bestimmung Serbiens als sicherer Herkunftsstaat habe der Kläger nicht geltend gemacht. Dafür sei nach den Maßstäben einschlägiger EU-Richtlinien auch nichts ersichtlich.
Der Kläger habe auch nicht schlüssig und substantiiert Tatsachen vorgetragen oder Beweismittel vorgelegt, die die Annahme begründeten, dass ihm abweichend von der gesetzlichen Vermutung politische Verfolgung drohe. Ihm sei schließlich auch kein subsidiärer Schutz zuzuerkennen. Abschiebungshindernisse oder Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Die Abschiebungsandrohung sei ebenfalls rechtmäßig.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 30.07.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online
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