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Die Freifahrtberechtigung für Schwerbehinderte im öffentlichen Nahverkehr umfasst auch die Nutzung eines Anrufsammeltaxis, das zu bestimmten Zeiten den Linienbus ersetzt. Ausgenommen sind allerdings Angebote, bei denen die Möglichkeit besteht, sich an ein anderes Ziel als die im Fahrplan aufgeführten Haltestellen fahren zu lassen. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden.
Der Kläger ist schwerbehindert und im Besitz eines Ausweises, der ihn zur unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Nahverkehr berechtigt. Mit Genehmigung des Regierungspräsidiums betreibt die beklagte Stadt auf verschiedenen Buslinien in Zeiten schwacher Nachfrage (abends, Wochenende) ein sogenanntes Anrufsammeltaxi; mit der Durchführung hat sie ein Taxiunternehmen beauftragt. Die Fahrten finden nur statt, wenn der Fahrtwunsch mindestens 20 Minuten vor der fahrplanmäßig festgesetzten Abfahrtszeit telefonisch angemeldet wird; es werden nur die vorangemeldeten Haltestellen angefahren; bei Fahrten innerhalb geschlossener Ortschaften werden nur die im Fahrplan angeführten Haltestellen bedient; ansonsten darf im Zielgebiet auf Wunsch bis vor die Haustür gefahren werden. Nachdem die beklagte Stadt Schwerbehinderte zunächst unentgeltlich befördert hatte, wurde seit 2004 ein entfernungsabhängiger „Komfortzuschlag“ in Höhe von 2,50 bzw. 3,00 EUR erhoben. Hiergegen wandte sich der Kläger.
Die Klage hatte vor dem Verwaltungsgerichtshof teilweise Erfolg. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt: Der Anrufsammeltaxi-Verkehr der Beklagten sei nur zum Teil als kostenfreier Linienverkehr anzusehen. Linienverkehr setze bestimmte Ausgangs- und Endpunkte sowie die Regelmäßigkeit der Verkehrsverbindung voraus. Das Anrufsammeltaxi habe zwar einen bestimmten Ausgangspunkt, weil ein Einstieg nur in den ausgewiesenen Haltestellen möglich sei. Ein bestimmter Endpunkt der Verkehrsverbindung liege jedoch nicht im gesamten Verkehrsgebiet vor. Von einem bestimmten Endpunkt könne nur dann ausgegangen werden, wenn er durch den Unternehmer festgelegt werde und die Beförderungsleistung somit im Voraus feststehe. Dies sei nicht der Fall, wenn der Beförderte eine Bestimmungs- oder Wahlmöglichkeit habe, weil er „im Zielgebiet auf Wunsch bis vor die Haustüre gefahren“ werden könne. Anders sei es jedoch innerhalb geschlossener Ortschaften, wo nur die im Fahrplan aufgeführten Haltestellen bedient würden. Insoweit liege ein durch den Unternehmer im Voraus bestimmter Endpunkt der Beförderung vor. Schließlich sei auch das Merkmal der Regelmäßigkeit gegeben. Dem stehe nicht entgegen, dass die Fahrten des Anrufsammeltaxis nur bei vorheriger telefonischer Anmeldung durchgeführt wurden. Denn maßgeblich für eine regelmäßige Verkehrsverbindung sei, dass die Fahrten in einer erkennbaren zeitlichen Ordnung wiederholt würden und dass sich die Fahrgäste auf das Vorhandensein einer Verkehrsbedingung einrichten könnten. Entscheidend sei, dass die öffentliche Nahverkehrsleistung verlässlich angeboten werde. Das treffe auch bei einem vorherigen Telefonanruf zu, der an der Verbindlichkeit des Fahrplans nichts ändere.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 13.08.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 12.08.2008
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Dokument-Nr. 6514
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