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Der Eigentümer eines Grundstücks kann sich der Erschließungsbeitragspflicht nicht teilweise dadurch entziehen, dass er den hinteren Teil des Grundstücks abtrennt und unentgeltlich auf ein Familienmitglied überträgt. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg entschieden und damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt.
Der Sohn der Klägerin ist Eigentümer eines Grundstücks, das im vorderen, an der Straße gelegenen Teil mit einem Wohnhaus bebaut ist; dahinter schließt sich ein Hausgarten an. Nachdem die beklagte Gemeinde angekündigt hatte, Erschließungsbeiträge für die Straße zu fordern, wurde der hintere Grundstücksteil einschließlich eines Teils der Terrasse abgetrennt und unentgeltlich auf die Klägerin übertragen. Beide Grundstücke werden weiterhin einheitlich genutzt. Ein Zugang vom neuen Hinterliegergrundstück zur Straße ist nicht durch eine Baulast gesichert. Die Klägerin wurde von der Gemeinde zu einem Erschließungsbeitrag von über 10.000 EUR herangezogen. Ihre Klage hatte vor dem Verwaltungsgericht Erfolg: Das Grundstück gelte zwar als erschlossen, Beitragsschuldner sei aber der Sohn der Klägerin als der ursprüngliche Eigentümer des Gesamtgrundstücks.
Die Berufung der Gemeinde gegen dieses Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof zurückgewiesen. Er hat zur Begründung ausgeführt: Für das Grundstück der Klägerin sei die Erschließungsbeitragspflicht entstanden. Es werde durch die Straße zwar nicht nach allgemeinen Grundsätzen als Hinterliegergrundstück erschlossen, weil seine Erreichbarkeit nicht durch eine Baulast gesichert sei. Die Beitragspflicht folge jedoch aus den steuerrechtlichen Regeln über den Gestaltungsmissbrauch, die hier anwendbar seien.
Ein Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten liege vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt werde, die zur Erreichung des erstrebten wirtschaftlichen Ziels unangemessen sei, der Abgabenminderung dienen solle und durch wirtschaftliche oder sonstige beachtliche außersteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen sei. Unangemessen seien insbesondere abwegige rechtliche Kniffe und Schliche. Maßgeblich sei, ob verständige Beteiligte die Gestaltung in Anbetracht des wirtschaftlichen Sachverhalts und der wirtschaftlichen Zielsetzung gewählt hätten. Die Grundstücksteilung und anschließende Übertragung des Hinterliegergrundstücks auf die Klägerin sei in diesem Sinne missbräuchlich; sie sei allein zum Zweck der Vermeidung einer Erschließungsbeitragspflicht für den Sohn der Klägerin erfolgt. Dies ergebe sich bereits augenfällig aus dem Zuschnitt des abgeteilten Grundstücks, weil dessen Grenze quer durch die Terrasse verlaufe; kein verständiger Beteiligter hätte diese Gestaltung bei der Schaffung eines eigenständigen Hinterliegergrundstücks gewählt. Der unmittelbare zeitliche Zusammenhang zwischen dem Entstehen der Beitragspflicht und der Grundstücksteilung sowie dem Eigentumsübergang vom Sohn auf die Klägerin spreche ebenfalls für einen Missbrauch. Das Vorgehen sei auch deswegen als „abwegiger Kniff“ zu qualifizieren, weil die Zufahrt zum Grundstück nicht gesichert und es damit nicht bebaubar sei. Hätte der Übertragung des Grundstücks tatsächlich die behauptete wirtschaftliche Zielsetzung - nämlich die finanzielle Absicherung der Klägerin für den Fall der Pflegebedürftigkeit - zugrunde gelegen, so wäre der Klägerin ein Baugrundstück und nicht lediglich ein geringwertiges „Wiesengrundstück“ übereignet worden.
Als Rechtsfolge dieser Umgehung sei jedoch nicht die Klägerin, sondern deren Sohn zum Erschließungsbeitrag heranzuziehen. Denn anstelle der tatsächlich gewählten rechtlichen Gestaltung werde die angemessene Gestaltung der Erhebung des Erschließungsbeitrags zugrunde gelegt. Diese bestehe hier im Unterlassen der Grundstücksteilung; bei der Beitragserhebung sei folglich vom ursprünglichen Gesamtgrundstück auszugehen.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 18.08.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VGH Baden-Württemberg vom 15.08.2008
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