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Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 20.08.2024
18 L 1279/24 -

Eine allein aus Gründen der Sicherheit und Ordnung eingerichtete Fahrradstraße ist ohne ausreichende Begründung rechtswidrig

Stadt muss aufgestellte Verkehrsschilder und auf der Fahrbahn aufgebrachte rote Markierungen auf rechtswidrig eingerichteter Fahrradstraße wieder entfernen

Richtet eine Stadt eine Fahrradstraße alleine aus Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs ein, so muss sie das besondere Gefährdungspotenzial darlegen und durch Tatsachenmaterial untermauern können. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln hervor.

Eine im Bonner Stadtteil Ückesdorf ausgewiesene Fahrradstraße ist rechtswidrig. Dies hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden und der Stadt Bonn aufgegeben, die bereits aufgestellten Verkehrsschilder und die auf der Fahrbahn aufgebrachten roten Markierungen zu entfernen.

Sachverhalt

Auf Grundlage einer verkehrsrechtlichen Anordnung vom 10.01.2024 wies die Stadt Bonn auf der Straße "Auf den Steinen" im Bereich zwischen "Hubertusstraße" und "Henriettenstraße" eine Fahrradstraße aus. Hiergegen stellte ein Anwohner des betroffenen Straßenabschnitts einen Eilantrag ein.

Verwaltungsgericht: Voraussetzungen für die Errichtung einer Fahrradstraße liegen nicht vor

Das Gericht hat diesem Antrag entsprochen und zur Begründung ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Errichtung einer Fahrradstraße liegen nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung offensichtlich nicht vor. Die zugrundeliegende verkehrsrechtliche Anordnung lässt sich jedenfalls nicht auf die von der Antragsgegnerin angeführte Rechtsgrundlage stützen. Soweit dem Grunde nach die Anordnung einer Fahrradstraße zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung getroffen werden könnte, um gemeindliche Verkehrskonzepte zu fördern, hat die Stadt Bonn ihre Entscheidung hierauf nicht gestützt. Vielmehr beruht die Ausweisung der Fahrradstraße nach ihrem Vortrag im Eilverfahren alleine auf Gründen der Sicherheit und Ordnung des Verkehrs. Dies setzt aber voraus, dass die Straßenverkehrsbehörde die für das Vorliegen eines besonderen Gefährdungspotenzials sprechenden Gründe darlegt und gegebenenfalls anhand von Tatsachenmaterial dokumentiert. Dem hat die Stadt Bonn jedoch nicht ansatzweise genügt. Weder aus der mehr als 2.000-seitigen Aktendokumentation noch aus dem Vorbringen im gerichtlichen Verfahren ist ersichtlich, dass die Stadt Bonn Ermittlungen hinsichtlich der tatsächlichen, verkehrsrechtlich relevanten Verhältnisse mit Blick auf etwaige Gefahrenlagen in der Straße "Auf den Steinen" unternommen hätte.

Gefahr von Dooring-Unfällen

Das Gericht hat dabei berücksichtigt, dass es bei einer aufgrund parkender Autos verbleibenden Restfahrbahnbreite von 3,20 bis 4,00 m zu Konflikten zwischen Fahrradfahrern und parkenden sowie passierenden Fahrzeugen kommen kann, die insbesondere in der Möglichkeit so genannter Dooring-Unfälle begründet sind. Dieser allgemeine, dem Grunde nach auf zahlreiche Straßenabschnitte im Bonner Stadtgebiet übertragbare Argumentationsansatz kann die Einrichtung einer Fahrradstraße im konkreten Fall jedoch nicht allein begründen. So fehlen relevante Daten wie aktuelle Verkehrszählungen oder sonstige Datenerhebungen zur Verkehrssituation oder Verkehrssicherheit in dem betroffenen Straßenabschnitt. Ob ein den Radverkehr gefährdendes Verkehrsaufkommen herrscht, wie hoch das Aufkommen an Radfahrenden - auch in Relation zu Autofahrenden - ist, hat die Stadt Bonn nicht ansatzweise dargelegt.

Gericht wirft Verwaltung Ermessensfehler vor

Diese unzureichenden Ermittlungen führen zudem dazu, dass die verkehrsrechtliche Anordnung an Ermessensfehlern leidet. Denn eine Betätigung des Ermessens zu Fragen der Sicherheit des Straßenverkehrs für die Anordnung der Fahrradstraße hat im Rahmen des Verwaltungsverfahrens nicht stattgefunden. Vielmehr hat sich die Antragsgegnerin ausweislich der vorgelegten Dokumentation des Fahrradstraßenkonzepts und des darauf beruhenden Ratsbeschlusses offenbar allein auf dieser Grundlage für die Anordnung einer Fahrradstraße entschieden. Im Hinblick auf die gemäß dem Markierungskonzept der Stadt Bonn am Fahrbandrand aufgebrachten durchgezogenen roten Linien hat das Gericht die Beteiligten zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten darauf hingewiesen, dass diese zudem als solche und damit auch auf der Grundlage einer möglichen neuen verkehrsrechtlichen Anordnung rechtswidrig sein dürften. Denn insoweit besteht nach dem maßgeblichen Gesamtbild beim flüchtigen Betrachten Verwechslungsgefahr mit amtlichen Verkehrszeichen in Gestalt von weißen durchgezogenen Linien, die regelmäßig ein Überfahren verbieten. Die Straßenverkehrsordnung kennt das Verkehrszeichen Markierung in Gestalt roter durchgezogener (Begrenzungs-)Linien nicht.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 22.08.2024
Quelle: Verwaltungsgericht Köln, ra-online (pm/pt)

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