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Verwaltungsgericht Gießen, Beschluss vom 05.04.2012
4 L 745/12.GI -

VG Gießen lehnt Eilantrag gegen Kundgebungsverbot am Karfreitag ab

Hessisches Feiertagsgesetz steht der Versammlung entgegen

Das Verwaltungsgericht Gießen hat den einstweiligen Rechtsschutzantrag des Anmelders der für Karfreitag geplanten Demonstration "Gegen das Tanzverbot an den Osterfeiertagen" abgelehnt. Der Antrag richtete sich gegen die Verbotsverfügung des Regierungspräsidiums Gießen vom 03.04.2012.

In der Entscheidung heißt es, dass die Rechtmäßigkeit der Verbotsverfügung des Regierungspräsidiums keinen ernstlichen Zweifeln unterliege.

Hessischen Feiertagsgesetzes untersagt Aufzüge an Karfreitag

§ 8 Absatz 1 Nr. 3 des Hessischen Feiertagsgesetzes, wonach am Karfreitag öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel sowie Aufzüge und Umzüge aller Art, wenn sie nicht den diesem Feiertag entsprechenden ernsten Charakter tragen, verboten seien, stehe der Versammlung entgegen. Jede Veranstaltung - auch unter dem Privileg einer Versammlung -, die diesem ernsten Charakter des Karfreitags nicht Rechnung trüge, stelle sich ohne das Hinzutreten weiterer Umstände als Störung der öffentlichen Sicherheit dar.

Grundrecht der Versammlungsfreiheit gilt nicht schrankenlos

Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit stehe nicht entgegen, weil dies nach dem Schrankenvorbehalt des Art. 8 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG), nach dem für Versammlungen unter freiem Himmel das Versammlungsrecht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden kann, eingeschränkt werden könne. Das Kundgabemittel des Tanzes als Ausdruck des Protests gegen den Normbefehl des § 8 des Hessischen Feiertagsgesetzes sei - jedenfalls in der beabsichtigten Form - mit dem gesetzlich normierten ernsten Charakter des Karfreitags nicht zu vereinbaren. Die - politische - Forderung nach der Novellierung eines Normbefehls legitimiere nicht dessen Verletzung. Ein milderes Mittel als das Verbot habe nicht zur Verfügung gestanden. Möglichkeiten, durch geeignete Auflagen nach § 15 Abs. 1 des Versammlungsgesetzes das kommunikative Anliegen des Antragstellers mit der Glaubens- und Bekenntnisfreiheit eines jedenfalls nicht unerheblichen Bevölkerungsanteils vor dem objektivrechtlich bestehenden staatlichen Schutzauftrag in praktische Konkordanz zu bringen, seien nicht erkennbar. Der Normgeber wolle die Bevölkerung am Karfreitag nicht mit einer Kundgabe wie der vom Antragsteller beabsichtigten konfrontieren.

Gesetzliche Grundlagen

Hessisches Feiertagsgesetz

§ 8

(1) Am Karfreitag von 0 Uhr an, am Volkstrauertag und Totensonntag von 4 Uhr an sind unbeschadet der Bestimmungen des § 7 verboten:

…3. öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel sowie Aufzüge und Umzüge aller Art, wenn sie nicht den diesen Feiertagen entsprechenden ernsten Charakter tragen; …

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

Art. 8

(1) Alle Deutschen haben das Recht, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln.

(2) Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes beschränkt werden.

Gesetz über Versammlungen und Aufzüge Versammlungsgesetz

§ 15

(1) Die zuständige Behörde kann die Versammlung oder den Aufzug verbieten oder von bestimmten Auflagen abhängig machen, wenn nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzuges unmittelbar gefährdet ist. …

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 10.04.2012
Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Gießen (pm/pt)

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