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Verwaltungsgericht Gera, Urteil vom 14.12.2010
5 K 155/09 -

VG Gera: Staatliches Monopol für Sportwetten verstößt gegen EU-Recht

Sportwetten GmbH darf Wettbüro betreiben

Weder der Glücksspielstaatsvertrag noch das Thüringer Glücksspielgesetz stehen der Ausübung des privaten Sportwettengewerbes entgegen. Das staatliche Wettmonopol dient eher der Sicherung einer staatlichen Einnahmequelle und wirkt in keiner Weise der Entstehung von Spielsucht wirksam entgegen. Dies entschied das Verwaltungsgericht Gera.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Magistrat der Stadt Gera der Klägerin im September 1990 noch auf der Grundlage des DDR-Gewerbegesetzes die Erlaubnis erteilt, das Sportwettengewerbe auszuüben. Die Klägerin wurde darauf hin als Veranstalterin und Vermittlerin von Sportwetten im Bundesgebiet tätig. Überdies vermittelt sie Sportwetten in andere Mitgliedstaaten der Europäischen Union.

Glücksspielstaatsvertrag räumt für Sportwette staatliches Monopol ein

Wegen der bundesweiten Ausübung ihres Gewerbes sind in der Vergangenheit verschiedene behördliche Verbote ergangen - es handele sich um unerlaubtes öffentliches Glücksspiel - und diverse gerichtliche Verfahren anhängig gewesen. Der im Jahr 2008 in Kraft getretene Glücksspielstaatsvertrag, den die Bundesländer abgeschlossen haben, sowie das Thüringer Glücksspielgesetz ordnen für Lotto, Toto und Sportwetten ein staatliches Monopol an. In diesen Bereichen dürfen Private grundsätzlich nicht gewerblich tätig sein. Das Monopol wird vor allem mit der Verhinderung des Entstehens der Glücksspiel- und Wettsucht der Bevölkerung sowie der Begrenzung des Angebots von Glücksspielen begründet.

Verbotsvorschriften verstoßen gegen höherrangige europäische Dienstleistungsfreiheit

Das Verwaltungsgericht Gera entschied jedoch, dass weder der Glücksspielstaatsvertrag noch das Thüringer Glücksspielgesetz der Ausübung des Sportwettengewerbes durch die Klägerin entgegenstehen. Die entsprechenden nationalen Verbotsvorschriften dürften nicht angewendet werden. Sie verstießen gegen die höherrangige europäische Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV -). Auf sie könne sich jeder EU-Bürger berufen. Zwar dürfe die Dienstleistungsfreiheit aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses (z.B. Verbraucherschutz, Verhütung von Störungen der sozialen Ordnung, vgl. Art. 62 in Verbindung mit Art. 52 Abs. 1 AEUV) durch nationale Regelungen beschränkt werden. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs müsse eine solche Begrenzung aber den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerecht werden (vgl. Gerichtshof der Europäischen Union, Urteil v. 08.09.2010). Vor allem müssten die nationalen Regelungen in "kohärenter und systematischer Weise" das Ziel der beschränkenden Regelung (also vor allem den Verbraucherschutz) verfolgen.

Durch staatliches Wettmonopol soll traditionelle staatliche Einnahmequelle aufrechterhalten werden

Das Verwaltungsgericht Gera hat in seinem Urteil festgestellt, dass der Glücksspielstaatsvertrag und das Thüringer Glücksspielgesetz diese Anforderungen nicht erfüllen. Zum einen gehe es den Ländern bei dem staatlichen Wettmonopol tatsächlich nicht schwerpunktmäßig um den Verbraucherschutz. Vielmehr solle eine traditionelle staatliche Einnahmequelle aufrechterhalten werden. Diese Begründung könne nach dem maßgeblichen EU-Recht aber den Eingriff nicht rechtfertigen. Zum anderen sei der gesamte deutsche Glücksspielsektor nicht konsequent in der Weise geregelt, dass dem Entstehen der Spielsucht wirksam entgegen gewirkt werde. Dies zeige sich daran, dass in dem Bereich der automatengestützten Glücksspiele nach der Gewerbeordnung (vor allem Spielotheken), in dem Private gewerblich tätig sein dürfen, der Gesetzgeber bislang keine wirksamen Maßnahmen zum Schutz vor Abhängigkeiten ergriffen habe. Dieser Ausschnitt des Glücksspielsektors weise nach allgemeiner Ansicht zudem ein höheres Suchtpotential auf als der Bereich der Sportwetten. Auch lasse der Gesetzgeber im Bereich der Pferdesportwetten Private als Wettunternehmer zu. Schließlich sei festzustellen, dass die Bundesländer es hinnähmen, dass sich im letzten Jahrzehnt das Angebot an staatlichen Spielbanken erweitert habe.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 08.02.2011
Quelle: Verwaltungsgericht Gera/ra-online

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