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Verwaltungsgericht Braunschweig, Beschluss vom 10.08.2010
6 B 149/10 -

Zeugnisnoten dürfen vom rechnerischen Durchschnitt abweichen

Lernentwicklung mit negativer Tendenz darf in Notenbildung einfließen

Lehrer müssen nicht immer die Note vergeben, die sich rechnerisch aus den einzelnen Bewertungen der schriftlichen und mündlichen Schülerleistungen ergibt. Sie dürfen gerade auch für Versetzungszeugnisse negativ berücksichtigen, wenn sich die Leistungen zuletzt deutlich verschlechtert haben und gravierende Lücken im fachbezogenen Grundwissen bestehen. Dies hat das Verwaltungsgericht Braunschweig entschieden.

In dem zugrunde liegenden Verfahren wollte ein im Landkreis Helmstedt wohnender Schüler, der dort ein Gymnasium besucht, seine Versetzung in die 8. Klasse erreichen. Er hatte in Französisch und Mathematik eine 5 erhalten. Da er diese Noten nicht durch Leistungen in anderen Fächern ausgleichen konnte, hatte die Klassenkonferenz entschieden, ihn nicht zu versetzen. Daraufhin stellte der Schüler, vertreten durch seine Eltern, einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht. Er machte vor allem geltend, die Note im Fach Französisch sei fehlerhaft, weil sie vom rechnerischen Durchschnitt seiner Leistungen abweiche. Die Französischlehrerin hatte die Endnote damit begründet, dass die Leistungen des Schülers sich deutlich verschlechtert hätten: Er habe in den beiden letzten Vokabeltests eine 6 geschrieben und zuletzt wiederholt seine Hausaufgaben nicht angefertigt. Darüber hinaus bestünden gravierende Mängel in den Bereichen Grammatik und Wortschatz: Der Schüler begreife die grammatischen Zusammenhänge nicht und könne sich sowohl mündlich als auch schriftlich nur selten in kompletten Sätzen äußern.

Lehrer müssen Gesamtbewertung vornehmen, die Lern- und Leistungsentwicklung berücksichtigt

Das Verwaltungsgericht Braunschweig lehnte den Eilantrag des Schülers ab. Für seine schriftlichen und mündlichen Leistungen im zweiten Schulhalbjahr und in dem für das Versetzungszeugnis ebenfalls zu berücksichtigenden ersten Halbjahr ergebe sich zwar eine Durchschnittsnote von 4,41. Die Lehrer seien aber bei der Notenvergabe nicht strikt an rechnerische Durchschnittsnoten gebunden und auch nicht dazu verpflichtet, in einem solchen Fall stets auf die Note 4 abzurunden. Sie müssten nach den rechtlichen Vorschriften bei der Notenvergabe vielmehr in pädagogischer Verantwortung eine Gesamtbewertung vornehmen, die die Beobachtungen im Unterricht sowie die Lern- und Leistungsentwicklung berücksichtige. Dies könne die Lehrkraft im Einzelfall zur Festsetzung einer Gesamtnote berechtigen, die von der sich rechnerisch aus den erbrachten Leistungen ergebenden Durchschnittsnote abweicht. Insbesondere dürfen die Lehrkräfte - so die Richter weiter - bestehende Lücken im fachbezogenen Grundwissen negativ berücksichtigen, die die Lernentwicklung in den kommenden Schuljahren erheblich beeinträchtigen können. Außerdem dürfe in die Notenbildung einfließen, dass einige der zuletzt erbrachten Leistungen, denen eine erhebliche Bedeutung bei der Beurteilung des Lern- und Leistungsstandes zukommt, eine Lernentwicklung mit negativer Tendenz erkennen lassen. Die Lehrerin oder der Lehrer müsse allerdings nachvollziehbar begründen, dass ein tragfähiger Grund dafür besteht, vom rechnerisch zu ermittelnden Leistungsbild abzuweichen.

Rechnerische vom Durchschnitt abweichende Note von Lehrerin ausreichend begründet

Danach sei die Französischnote rechtlich nicht zu beanstanden. Die Lehrerin habe ausreichend begründet, warum sie vom rechnerischen Durchschnitt abgewichen sei. Sie habe bei der Gesamtnotenbildung darüber hinaus berücksichtigen müssen, dass der Schüler für einige Teilleistungen wie eine Klassenarbeit und einen Vokabeltest Noten mit negativen Tendenzen ("schwach ausreichend") erhalten habe.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 06.09.2010
Quelle: Verwaltungsgericht Braunschweig/ra-online

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