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Das Sozialgericht Stuttgart hat entschieden, dass ein Rettungssanitäter, der bei Amokläufen und Suiziden eingesetzt war, keinen Anspruch auf Anerkennung und Feststellung der bei ihm diagnostizierten posttraumatischen Belastungsstörung als Berufskrankheit nach § 9 Abs. 2 des 7. Sozialgesetzbuchs (SGB VII) hat.
Der Kläger des zugrunde liegenden Falls beantragte bei der beklagten Berufsgenossenschaft, die von seinen behandelnden Ärzten diagnostizierte
In einem ärztlichen Entlassungsbericht wurde unter anderem ausgeführt, dass der Kläger im Rettungsdienst tätig sei und als solcher viele traumatisierende Erlebnisse gehabt habe. So sei er bei Amokläufen eingesetzt worden, bei denen er emotional bereits an seine Grenzen gekommen sei. Nur gelegentlich sei es zu Nachhallerinnerungen gekommen. Die über die Jahre bereits sukzessive angestiegene Anspannung habe sich verstärkt. Als weiteres traumatisches Erlebnis erinnert der Kläger, den Suizid einer Jugendlichen, der ihn tief erschüttert habe, woraufhin er sich jedoch wieder weitgehend stabilisiert habe. Als er jedoch auf den Tag genau ein Jahr später zum Suizid der Freundin der Jugendlichen gerufen worden sei, sei es schließlich zur Dekompensation gekommen. Der Kläger könne seitdem nicht mehr richtig reagieren, es komme verstärkt zu Eskalationen, die er nur durch Rückzug vermeiden könne. Aufrechterhalten werde die Symptomatik durch ein zunehmendes Sinnlosigkeitserleben und die mangelnde Unterstützung seitens der Strukturen und Vorgesetzten. Im Gegensatz zu den Vorbehandlern wies der Entlassungsbericht keine depressive Episode aus, sondern eine
Das Sozialgericht Stuttgart wies die Klage ab und führte zur Begründung aus, dass nach den maßgebenden Vorschriften des SGB VII Berufskrankheiten Krankheiten seien, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkung verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheiten ursächlich waren oder sein können (§ 9 Abs. 1 SGB VII).
Nach § 9 Abs. 2 SGB VII haben die Unfallversicherungsträger eine Krankheit, die nicht in der Rechtsverordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine
Die
Nach § 9 Abs. 2 SGB VII müssen für die Feststellung der Wie-Berufskrankheit folgende Voraussetzungen erfüllt sein: (1) Ein Versicherter muss die Feststellung einer bestimmten Krankheit als Wie-BK beanspruchen. (2) Die Voraussetzung einer in der Anlage 1 zur BKV bezeichneten Krankheit dürfen nicht erfüllt sein. (3) Die Voraussetzungen für die Bezeichnung der geltend gemachten Krankheit als Listen-BK durch den Verordnungsgeber müssen vorliegen. Es muss eine bestimmte Personengruppe durch die versicherte Tätigkeit besonderen Einwirkungen in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung ausgesetzt (gewesen) sein und es müssen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse über das Bestehen einer Einwirkung- und Verursachungsbeziehung vorliegen. (4) Diese medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse müssen neu sein. (5) Abschließend müssen im Einzelfall die abstrakten Voraussetzungen der Wie-BK konkret erfüllt sein.
Das Gericht hat die Voraussetzung (3) verneint und dazu ausgeführt, dass nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dabei zuerst die Art der Einwirkung zu ermitteln sei, die im Blick auf die vom Versicherten geltend gemachte Krankheit abstrakt-generell als Ursache in Betracht kommen kann. Danach sei zu klären, ob dieses abstrakt-generell einer bestimmten Art einer vom Versicherten verrichteten Versichertentätigkeit zuzurechnen ist. Erst aus dieser Verbindung von krankheitsbezogenen Einwirkungen und versicherten Tätigkeiten ergebe sich, so das Bundessozialgericht, die abstrakt-generelle Personengruppe, die sich von der Allgemeinbevölkerung unterscheidet. Als Einwirkung komme praktisch alles in Betracht, was auf Menschen einwirkt. Daher sei es, auch wenn es (noch) keine Listen-Berufskrankheit gibt, möglich, auf rein psychische Einwirkungen abzustellen. Es sei nicht ausgeschlossen, dass der Verordnungsgeber eine entsprechende Listen-
Weitere Voraussetzung sei, dass die Einwirkungen, denen die Personengruppe durch die versicherte Tätigkeit ausgesetzt ist, abstrakt-generell nach dem Stand der Wissenschaft die wesentliche Ursache einer Erkrankung der geltend gemachten Art sein müssen. Denn für die Beurteilung des generellen Ursachenzusammenhangs gelte auch hier die Theorie der wesentlichen Bedingung. Vor der rechtlichen Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursachenart selbst, müsse auch hier die naturwissenschaftliche/naturphilosophische Kausalitätsprüfung erfolgen. Bei dieser sei zu klären, ob nach wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen belegt ist, dass bestimmte Einwirkungen generell bestimmte Krankheiten der vom Versicherten geltend gemachten Art verursachen. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20. Oktober 2010 sei das anzunehmen, wenn die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf den jeweils in Betracht kommenden Gebieten über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelange. Dies werde für das Vorliegen solcher Erkenntnisse für die
Nach den Ermittlungen des Sozialgerichts seien derart neue medizinische Erkenntnisse hinsichtlich der Verursachung der posttraumatischen Belastungsstörung durch psychisch belastende Tätigkeiten bei Rettungssanitätern, Polizisten, Feuerwehrleuten und Entwicklungshelfern in Krisengebieten, nicht gegeben. So sei die
Darüber hinaus habe das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung vom 20. Juli 2010 darauf hingewiesen, dass bei der Beobachtung von Einwirkungen auf Dritte, wenn der Versicherte nicht selbst von Einwirkungen betroffen gewesen ist, als Anknüpfungspunkt für die Bejahung des Ursachenzusammenhangs ein enger personaler Bezug zu verlangen sei. Ein solcher sei hier nicht ersichtlich und/oder vom Kläger dargelegt worden.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 03.01.2020
Quelle: Sozialgericht Stuttgart/ra-online (pm/kg)
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