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Das Sozialgericht Berlin hat entschieden, dass eine 1971 in der DDR inhaftierte Frau Anspruch auf Beschädigtenversorgung und Anerkennung einer Verschlimmerung der psychischen Schäden aufgrund der DDR-Haft und einer Zwangsadoption ihrer Tochter hat.
Die damals 18 Jahre alte Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls war im Frühjahr 1971 in Untersuchungshaft in der Haftanstalt Cottbus. Infolge einer Schwangerschaft wurde die Haft unterbrochen. Anfang Januar 1972 gebar die Klägerin eine Tochter, die sie auf Druck von Staatssicherheit und Jugendamt unmittelbar nach der Geburt zur
Im Januar 2006 stellte die Klägerin beim beklagten Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin einen Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz in Verbindung mit dem Bundesversorgungsgesetz. Die mangelnde ärztliche Versorgung nach der Entbindung, drei Wochen Einzelhaft in einem feuchtkalten Keller und die Zwangsadoption des neugeborenen Kindes hätten zu dauerhaften psychischen und physischen Folgeschäden geführt. Sie leide insbesondere unter Schlafstörungen, Panikattacken, krampfartigen Schmerzen, Asthma und Albträumen. Die Symptome seien über Jahre beherrschbar gewesen, aber nach einer – vom Fernsehsender MDR vermittelten – Wiederbegegnung mit der zwangsadoptierten Tochter 2005 wieder schlechter geworden.
Im Jahr 2007 erkannte die Beklagte eine posttraumatische Belastungsstörung, ein ängstlich-depressives Syndrom und eine Atemwegserkrankung als Folgen der Haft an und gewährte eine Beschädigtenversorgung. Einen im Januar 2010 gestellten Verschlimmerungsantrag lehnte die Beklagte jedoch ab, woraufhin die Klägerin im September 2010 Klage beim Sozialgericht Berlin erhob.
Nach Einholung mehrerer Gutachten und Befragung von Zeugen verurteilte das Sozialgericht Berlin die Beklagte zur Gewährung höherer Versorgungsleistungen und Anerkennung einer Verschlimmerung der psychischen Schädigungsfolgen der Haft (die psychischen Beschwerden infolge der Zwangsadoption waren hingegen Gegenstand eines gesonderten Verfahrens). Laut Begründung des Gerichts leide die Klägerin seit 2009 an einer Ärztephobie. Diese Phobie sei unstreitig erstmals zu DDR-Zeiten unmittelbar nach der Haft aufgetreten und dann seit 2009 im Zusammenhang mit einer Krebserkrankung wieder ausgebrochen. Aus Angst vor Situationen mit Kontrollverlust habe die Klägerin sich wiederholt selbst zu lebensnotwendigen ärztlichen Behandlungen nur nach eingehender psychologischer Beratung (28 Kontakte) und nur mit großer Verzögerung überwinden können. Sie habe das Krankenhaus vorzeitig verlassen und die Chemotherapie abgebrochen. Wesentlich ursächlich hierfür seien die Erlebnisse in der Haft. Nach Schilderung der Klägerin seien ihr die Haftärzte grundsätzlich mit Zynismus begegnet, erforderliche Behandlungen seien oftmals abgelehnt worden, ein Zahn sei ihr ohne Betäubung gezogen worden.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.11.2014
Quelle: Sozialgericht Berlin/ra-online
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