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Sozialgericht Augsburg, Urteil vom 08.07.2008
S 10 EG 15/08 -

Mehr Elterngeld durch zulässigen Wechsel der Steuerklasse

Einmal im Jahr ist ein Wechsel erlaubt

In einem Grundsatzurteil hat das Sozialgericht Augsburg entschieden, dass Eltern, die Anspruch auf Elterngeld haben in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes einen einmaligen Wechsel der Steuerklasse vornehmen dürfen, um so den Anspruch auf Elterngeld zu erhöhen.

Geklagt hatte ein Ehepaar bei dem beide berufstätig waren. Die Ehefrau hatte die Lohnsteuerklasse V. Im Laufe der Schwangerschaft nahmen die Eheleute einen Wechsel in der Steuerklasse vor, so dass die Ehefrau nun die Lohnsteuerklasse III wählte. Sie wollten dadurch ein höheres Elterngeld erreichen.

Familienkasse verweigert höheres Elterngeld - Steuerklassenwechsel sei rechtsmissbräuchlich

Die Familienkasse (FK) beim Zentrum Bayern Familie und Soziales verweigerte die Auszahlung des höheren Elterngeldes. Der von dem Ehepaar vorgenommene Wechsel der Steuerklasse sei rechtsmissbräuchlich. Das Amt berief sich mit dieser Begründung auf eine Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, in der ein Steuerklassenwechsel in den zwölf Monaten vor der Geburt des Kindes als rechtlich nicht zulässig bezeichnet wird, wenn der Wechsel anhand der Einkommen der einzelnen Ehepartner objektiv nicht nachvollziehbar ist.

Gericht: Bundeselterngeldgesetz verbietet Wechsel nicht

Die entscheidende Kammer des Sozialgerichts Augsburg folgte dieser Rechtsauffassung nicht: Das Bundeselterngeldgesetz verbiete einen Wechsel nicht. Die Steuergesetze erlaubten den Bürgern jährlich einmal einen Wechsel der Steuerklasse. Es sei deshalb nicht nachvollziehbar wieso Beziehern von Elterngeld aus diesem Recht keine Vorteile ziehen dürften. Dem Bürger sei nicht zu vermitteln, dass eine staatliche Behörde ein Verhalten rechtlich als zulässig werte und eine andere als rechtsmissbräuchlich. In den Beratungen im Bundestag hätten Fachpolitikerinnen ausdrücklich auf die Wechselmöglichkeit hingewiesen; der Gesetzgeber habe folglich den Eltern diese Gestaltungsoption nicht verweigern wollen. Schließlich dürfe nicht übersehen werden, dass das für sich genommen steuerfreie Elterngeld den Steuersatz des zu versteuernden Einkommens erhöhe (sog. Progressionsvorbehalt), wovon vor allem Niedrigverdiener betroffen seien. Es könne daher den Elterngeldberechtigten nicht angelastet werden, wenn sie im Vorfeld die Steuerklasse wechseln um durch höheres Elterngeld einer drohenden Steuermehrbelastung infolge des Elterngeldbezuges zu begegnen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 15.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des SG Augsburg vom 10.07.2008

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