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Einer Stadt, die für eine Frau die Kindertagesstättenbeiträge übernimmt, ist es nicht gestattet, einen Außendienstmitarbeiter mit der Vornahme verdeckter Ermittlungen zu beauftragen, wenn sie vermutet, dass die Frau in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft dem Vater der Kinder zusammenlebt, dessen Einkommen angerechnet werden müsste. Verdeckten Ermittlungen dieser Art verletzten den Überwachten in seinem Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dies entschied das Thüringer Oberverwaltungsgericht.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Stadt Eisenach seit dem 1. Mai 2001 den Kindertagsstättenbeitrag für die älteste Tochter der Klägerin übernommen. Da die Stadt Eisenach den Verdacht hegte, dass die Klägerin mit dem Vater ihrer beiden Töchter in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammenlebte (dessen Einkommen sie sich dann hätte anrechnen lassen müssen), beauftragte sie einen Außendienstmitarbeiter mit der Vornahme verdeckter Ermittlungen. Der Mitarbeiter der Beklagten kontrollierte in der Zeit von Mai bis September 2002 in bestimmten Abständen sowohl durch Observierungen als auch durch Befragungen von Mitbewohnern die Kontakte zwischen dem Kindesvater und der Klägerin (insbesondere dessen Aufenthalte in ihrer Wohnung).
Die Stadt Eisenach ging aufgrund der Ermittlungen zunächst vom Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft aus und stellte die Übernahme der Kindergartenbeiträge ein, da die Klägerin keine Angaben zum Einkommen des Kindesvaters machte. Nachdem die Klägerin dagegen Widerspruch erhoben hatte, übernahm die Stadt die Beiträge wieder.
Die Klägerin begehrte mit ihrer im Jahre 2003 beim Verwaltungsgericht Meiningen erhobenen Klage die Feststellung, dass die Ermittlungen des Außendienstmitarbeiters der beklagten Stadt rechtswidrig waren. Die Meininger Richter wiesen die Klage durch Gerichtsbescheid vom 6. November 2006 ab, da sie die Datenerhebung für rechtmäßig hielten. Hiergegen richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht im Jahre 2008 zugelassene Berufung der Klägerin, der das Gericht aufgrund der heutigen mündlichen Verhandlung stattgegeben hat.
In der Urteilsbegründung führte das Gericht aus, die verdeckten Ermittlungen des Außendienstmitarbeiters verletzten die Klägerin in ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung, da sie von keiner gesetzlichen Grundlage gedeckt gewesen seien. Nach der einschlägigen Regelung der Datenerhebung in § 62 Abs. 3 SGB VIII dürften Sozialdaten nur unter ganz eingeschränkten Voraussetzungen ohne Mitwirkung des Betroffenen erhoben werden, die hier aber nicht erfüllt seien. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass eine Datenerhebung bei der Klägerin selbst (etwa durch eine eingehende Befragung) unmöglich gewesen wäre.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 26.11.2010
Quelle: Thüringer Oberverwaltungsgericht/ra-online
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Dokument-Nr. 10631
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