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Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 01.04.2019
12 B 43/19 und 12 B 1435/18 -

"Wieder­belegungs­sperre" zur Durchsetzung einer Einzelzimmerquote in Pflegeheimen rechtswidrig

Ordnungsrechtliche Umsetzungsfrist von knapp vier Jahren für betroffene Einrichtungs­betreiber unverhältnismäßig kurz bemessen

Die Betreiber zweier Altenpflegeheime in Köln und im Kreis Gütersloh haben sich erfolgreich gegen die Vollziehung sogenannter Wieder­belegungs­sperren zur Wehr gesetzt, welche die Stadt bzw. der Kreis zur Durchsetzung einer Einzelzimmerquote von 80 % angeordnet hatten. Das Ober­verwaltungs­gericht Nordrhein-Westfalen gab den Beschwerden der Betreiber statt und änderte die erstinstanzlichen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte Köln und Minden.

Nach dem nordrhein-westfälischen Wohn- und Teilhabegesetz müssen bestehende Pflegeeinrichtungen bis zum 31. Juli 2018 einen Anteil der Einzelzimmer von mindestens 80 % innerhalb eines Gebäudes oder eines räumlich verbundenen Gebäudekomplexes aufweisen. Im zugrunde liegenden Fall lag der entsprechende Anteil in den hier betroffenen Einrichtungen Ende Juli/Anfang August 2018 bei rund 54 % bzw. 46 %. Die Betreiber hatten allerdings bereits Schritte eingeleitet, um die Quote nach anstehenden Umbau- bzw. Neubaumaßnahmen künftig zu erfüllen. Die Stadt Köln und der Kreis Gütersloh gaben den Betreibern auf, ab August 2018 in ihren Einrichtungen frei werdende Plätze solange nicht wieder zu belegen, bis eine Einzelzimmerquote von 80 % erreicht sei. Sie beschränkten diese Sperre auf 10 bzw. 8 Plätze und verwiesen auf einen bindenden Erlass des zuständigen Landesministeriums aus April 2018.

OVG: Wiederbelegungssperren erweisen sich als ermessensfehlerhaft und rechtswidrig

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen führt in seiner Entscheidungsbegründung aus, dass sich aufgrund der von der Stadt und dem Kreis angenommenen Bindung an die Vorgaben des ministeriellen Erlasses die Wiederbelegungssperren als ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig erwiesen. So habe das Ministerium etwa darauf abgestellt, dass die Betreiber von Pflegeeinrichtungen schon aufgrund der im Jahre 2008 eingeführten Rechtsvorschriften des Wohn- und Teilhabegesetzes und der zugehörigen Durchführungsverordnung "zwingend" hätten erkennen können, dass die Erfüllung der Einzelzimmerquote ordnungsrechtlich ab 2018 gefordert sein werde.

Verordnung sah Einzelzimmerquote von 80 % zunächst nur bei Neubauten vor

Das sei unzutreffend. Mit der Verordnung sei lediglich für bestehende Einrichtungen der Eingliederungshilfe vorgegeben worden, dass diese bis zum 31. Juli 2018 eine Einzelzimmerquote von 80 % zu erfüllen hätten. Die Vorschriften für Pflegeeinrichtungen hätten eine solche Quote seinerzeit lediglich bei Neubauten sowie bei Umbau- oder Modernisierungsmaßnahmen gefordert. Erst durch das im Oktober 2014 in Kraft getretenen Gesetzesrecht seien die Betreiber bestehender Pflegeeinrichtungen ordnungsrechtlich dazu verpflichtet worden, einen 80 prozentigen Anteil von Einzelzimmern bis Ende Juli 2018 zu realisieren. Das zuvor geltende Recht habe insoweit lediglich einen drohenden Verlust von Leistungsansprüchen vorgesehen.

Ordnungsrechtliche Umsetzungsfrist unverhältnismäßig kurz bemessen

Zudem spreche viel dafür, dass die erst in 2014 in Gang gesetzte ordnungsrechtliche Umsetzungsfrist von knapp vier Jahren angesichts des finanziellen und organisatorischen Aufwands, der durch die Erfüllung der Einzelzimmerquote entstehe, und der damit einhergehenden Schwere des Eingriffs in die Rechte der betroffenen Einrichtungsbetreiber unverhältnismäßig kurz bemessen sei.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 02.04.2019
Quelle: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online (pm)

Vorinstanz:
  • Vorinstanz zu 12 B 43/19 Verwaltungsgericht Köln - 25 L 1862/18 - Vorinstanz zu 12 B 1435/18 Verwaltungsgericht Minden - 6 L 958/18 -
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