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Oberlandesgericht Rostock, Urteil vom 07.05.2010
7 U 67/09 -

OLG Rostock: Klinik muss konservierte Eizellen an Witwe herausgeben

Herausgabe stellt keine strafbare Handlung der Klinik dar

Das Oberlandesgericht Rostock hat entschieden, dass eine Klinik dazu verpflichtet ist, einer Witwe nach dem Tod des Ehemannes die künstlich befruchteten Eizellen des Paares herauszugeben. Da die Verwendung des Samens zwar nach dem Tod des Mannes unzulässig ist, Eizelle und Samen aber bereits zum Zeitpunkt des Todes des Mannes untrennbar miteinander verbunden waren, kann der Klinik bei der Herausgabe keine strafbare Handlung vorgeworfen werden.

Im zugrunde liegenden Fall hatten sich die Klägerin und ihr Ehemann im März 2008 bei der beklagten Klinik einer Behandlung zur In-vitro-Fertilisation unterzogen. Die kryokonservierten Eizellen wurden dann in der Klinik eingelagert. Anfang Juli 2008 verstarb der Ehemann der Klägerin an den Folgen eines Motorradunfalls.

Klägerin will Implantation der Eizellen in Polen vornehmen lassen

Die Klinik lehnte eine Implantation der kryokonservierten Eizellen im Vorkernstadium in die Gebärmutter der Klägerin unter Berufung auf § 4 Abs. 1 Nr. 3 ESchG ab. Daraufhin nahm die Klägerin, den bereits mit ihrem Ehemann angebahnten Kontakt zum Westpommerschen Kinderwunschzentrum für die Infertilitätsbehandlung im polnischen Szczecin (Stettin) wieder auf. Das Institut erklärte sich bereit, die von der Klägerin stammenden kryokonservierten Eizellen der Klägerin zu implantieren.

Klinik verweigert die Herausgabe der Eizellen

Die Klägerin verlangte von der Klinik die Herausgabe der Eizellen zum Zwecke der Fortsetzung der Behandlung in Polen, was die Klinik jedoch ablehnte.

Künstliche Befruchtung der Eizellen nach Tod des Mannes wäre strafbar

Anders als das Landgericht hat das Oberlandesgericht nicht festgestellt, dass sich die Klinik und die für sie Handelnden strafbar machen, wenn sie die Eizellen an die Klägerin herausgeben. Denn strafbar ist es, eine Eizelle mit dem Samen eines Mannes nach dessen Tode künstlich zu befruchten.

Eizellen wurden noch zu Lebzeiten des Ehemannes mit dessen Samen imprägniert

Das Gericht ist der erstinstanzlichen Begründung, insbesondere zur Frage der Befruchtung zwar teilweise gefolgt. Er leitet aber aus der Systematik und der Entstehungsgeschichte des Embryonenschutzgesetzes ab, dass nur die Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tode strafbar ist. Im zu entscheidenden Fall ist der Samen aber schon vor dem Tode des Ehemannes der Klägerin verwendet worden. Denn die Eizellen der Klägerin sind noch zu Lebzeiten ihres Ehemannes mit dessen Samen imprägniert worden. Da der Samen dadurch bereits verwendet und untrennbar von der Eizelle eingeschlossen worden ist, kann nicht mehr von der Verwendung des Samens eines Mannes nach dessen Tode gesprochen werden, wenn nunmehr die konservierten und imprägnierten Eizellen der Klägerin aufgetaut und der Befruchtungsvorgang fortgesetzt wird.

Keine strafbare Handlung

Da die Beklagte die Herausgabe der Eizellen lediglich mit dem Argument verweigert hatte, sie würde sich strafbar machen, war dem Herausgabeantrag der Klägerin stattzugeben.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 07.05.2010
Quelle: ra-online, OLG Rostock

Vorinstanz:
  • Landgericht Neubrandenburg, Urteil vom 12.08.2009
    [Aktenzeichen: 2 O 111/09]
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