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Banken dürfen ihre Kunden nicht in erbrechtlichen Fragen beraten. Eine solche Beratung stellt einen Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz dar. Die geschäftsmäßige Rechtsberatung ist nur den Personen vorbehalten, denen hierfür die Erlaubnis erteilt worden ist. Ein selbständiger Rechtsanwalt berät den Mandaten unabhängig, während der Angestellte einer Bank bei der Beratung deren Interessen verfolgt. Das geht aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe hervor.
Die klagende Rechtsanwaltskammer nimmt die Beklagte, eine deutsche Großbank, wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz auf Unterlassung in Anspruch. Eine Kundin der beklagten Bank wollte einen Teil ihres Vermögens auf ihren Sohn übertragen. Auf Anregung eines Filialmitarbeiters wurde vereinbart, dass ein Mitarbeiter der Zentrale der Beklagten, Herr X., ein Jurist, mit ihr die Verwaltung ihres Vermögens für den Fall ihres Todes besprechen solle. Nach dem Gespräch erstellte Herr X. einen Entwurf für ein Testament und eine Stiftungssatzung, beide Entwürfe leitete er einem Rechtsanwalt namens und im Auftrag der beklagten Bank zur Prüfung weiter, der sie nach Überprüfung der Kundin übersandte. Nach einem weiteren Gespräch mit der Kundin arbeitete Herr X. Barvermächtnisse in den Testamentsentwurf ein und modifizierte die Stiftungssatzung. Die neuen Entwürfe übersandte er ihr direkt.
Das Landgericht Freiburg hat darin einen Verstoß gegen Artikel 1 § 1 RBerG gesehen und die Beklagte verurteilt, es zu unterlassen, auf dem Gebiet des Erbrechts beratend und/oder rechtsbesorgend für Dritte tätig zu werden, indem sie in Fragen von Testamentserrichtungen inhaltlich berate, Testamentsentwürfe erstelle oder überarbeite, sowie Satzungen für Stiftungen erstelle.
Die Berufung der Beklagten zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg. Die Beklagte hat gegen Artikel 1 § 1 Abs. 1 RBerG verstoßen. Danach darf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung geschäftsmäßig nur von Personen betrieben werden, denen dazu die Erlaubnis erteilt worden ist. Die Beklagte hat keine solche Erlaubnis. Die Erlaubnispflicht entfällt bei einer juristischen Person auch dann nicht, wenn sie hierfür einen Volljuristen beschäftigt. Während ein selbständiger Rechtsanwalt den Mandanten unabhängig berät, verfolgt der Angestellte einer Bank deren Interessen, z.B. bei einer erbrechtlichen Beratung, dass die Bank zur Testamentsvollstreckerin ernannt werden will.
Bei den Tätigkeiten des Herrn X. handelt es sich auch nicht um die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange, sondern um Rechtsbesorgung. Zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist auf den Kern und Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, da heutzutage alle Lebensbereiche rechtlich durchdrungen sind und daher eine wirtschaftliche Betätigung kaum ohne rechtsgeschäftliches Handeln möglich ist oder ohne rechtliche Wirkung bleibt. Der Schwerpunkt der Tätigkeiten liegt hier auf rechtlichem Gebiet. Die inhaltliche Beratung in Fragen der Testamentserrichtung dient der rechtlichen Umsetzung des Willens des Erblassers. Das ist kein wirtschaftlicher Vorgang, sondern Rechtsgestaltung. Jemand, der solche Dienstleistungen in Anspruch nimmt, sucht den Dienstleister nicht wegen der Frage auf, wem er was zuwenden will, sondern vielmehr wegen dessen rechtlichen Sachverstands. Angesichts der Kompliziertheit der gesetzlichen Regelungen zum Erbrecht und der Vielfalt testamentarischer Gestaltungsmöglichkeiten werden hohe Anforderungen an die juristische Qualifikation des Dienstleisters gestellt.
Die rechtsberatende bzw. rechtsbesorgende Tätigkeit der Beklagten wird durch die Übersendung der Entwürfe des Testaments und der Stiftungssatzung an einen Rechtsanwalt nicht zu einer Rechtsberatung dieses Rechtsanwaltes gegenüber der Kundin. Beratung und Erstellung der Entwürfe einerseits und rechtliche Prüfung andererseits sind zwei unterschiedliche, jeweils unter das Rechtsberatungsgesetz fallende Dienstleistungen. Indem Herr X. den Willen der Kundin ermittelte und auf dieser Grundlage einen Testamentsentwurf fertigte, determinierte er die vorzunehmende Rechtsgestaltung. Die nachfolgende rechtliche Prüfung konnte nur einer Fehlerkontrolle dienen, denn der Rechtsanwalt musste sich auf die Angaben von Herrn X. zu den persönlichen Verhältnissen und den Gestaltungswünschen der Kundin verlassen.
Die rechtsbesorgenden Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Testamentserrichtung sind auch nicht deshalb zulässig, weil die Beklagte damit für ihre Kunden rechtliche Angelegenheiten erledigt hätte, die in unmittelbarem Zusammenhang mit einem Geschäft ihres Gewerbetriebes stünden. Die erbrechtliche Beratung und die Errichtung und Überarbeitung von Testamentsentwürfen haben mit Bankgeschäften nichts zu tun. Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass sie ihren Kunden erlaubterweise Testamentsvollstreckungen anbietet. Denn weder die erbrechtliche Beratung noch die Erstellung von Testamentsentwürfen sind mit der Testamentsvollstreckung einhergehende Nebenleistungen. Um die Testamentsvollstreckung sachgerecht durchzuführen, bedarf es keiner Beteiligung des Testamentsvollstreckers an der Errichtung des Testaments.
Verfassungsrechtliche Bedenken, der Beklagten die genannten Mitwirkungshandlungen bei der Testamentserrichtung zu untersagen, bestehen nicht. Eine andere Betrachtung ist auch nicht dadurch geboten, dass ein Regierungsentwurf für ein neues Rechtsdienstleistungsgesetz vorliegt, das das Rechtsberatungsgesetz ersetzen soll, denn der Rechtsstreit ist auf der Grundlage des geltenden Rechts zu entscheiden. Der Verstoß gegen das Rechtsberatungsgesetz begründet einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 09.11.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 09.11.2006
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