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Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 22.11.2012
4 U 156/12 -

Frischkäse-Vertreiber darf keine irreführenden Verpackungen verwenden

Äußeres Erscheinungsbild einer Fertigverpackung muss tatsächlicher Füllmenge entsprechen

Der Vertreiber mehrerer Frischkäsesorten hat es zu unterlassen, diese in den Verkehr zu bringen oder zu bewerben, wenn die Art und Größe der Verpackung den Verbraucher im Hinblick auf die Inhaltsmenge des Produktes täuscht. Dies entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe.

In dem zugrunde liegenden wurden die Frischkäsesorten Rondelé "Knoblauch von der Garonne und feine Kräuter", "Walnüsse aus der Dordogne", "Ziegenkäse aus dem Poitou" und "Meersalz aus der Camargue" so vertrieben, dass eine Innenverpackung von einer zylinderförmigen Außenverpackung umgeben war. Der eigentliche Becher hat eine Höhe von ca. 5,9 cm (mit Deckel) und einen Inhalt von 125 g Frischkäse. Der Becher weist im Inneren an einer Seite eine ca. 1,0 cm tiefe, ca. 3,5 cm breite Einbuchtung auf und ist insgesamt nach unten abgerundet. Beim Kauf steckt der Plastikbecher in einer zylinderförmigen Pappummantelung.

Berufung erfolgreich

Das Landgericht Offenburg hatte die Klage der Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zunächst abgewiesen, ihre Berufung zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte Erfolg.

Verpackung verstößt gegen Eichgesetz

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Klägerin einen Unterlassungsanspruch nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit §§ 7 Abs. 2 EichG und 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB (Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch) habe. Durch das Anbieten, in den Verkehr bringen und Bewerben der Produkte handele die Beklagte unlauter. Die verwendete Verpackung verstoße gegen das Eichgesetz.

Vertreiber dürfen Verbrauchern keine größere Füllmenge vortäuschen

Nach § 7 Abs. 2 EichG müssten Fertigpackungen so gestaltet und gefüllt sein, dass sie keine größere Füllmenge vortäuschen als in ihnen enthalten sei. Sinn des Gesetzes sei es, im Interesse der Marktteilnehmer den Markt im Sinne des § 4 Nr. 11 UWG zu regeln. Ein Verstoß gegen das Eichgesetz stelle zugleich ein wettbewerbswidriges Verhalten und eine irreführende geschäftliche Handlung im Sinne des UWG dar. Durch das Eichgesetz solle eine Täuschung durch die Verpackung selbst verhindert werden, der Verbraucher solle davor geschützt werden, dass bei ihm aufgrund des äußeren Erscheinungsbildes einer Fertigpackung der Eindruck erweckt werde, er könne das Produkt in einer Menge erwerben, die dem äußeren Erscheinungsbild der Verpackung in etwa entspreche, obwohl diese tatsächlich wesentlich weniger enthalte. Maßstab sei dabei, welche Vorstellung der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher, der dem Produkt die der Situation angemessene Aufmerksamkeit entgegenbringe, über den Inhalt der jeweiligen Verpackung aufgrund deren äußerer Gestaltung entwickele, und ob diese Vorstellung vom tatsächlichen Inhalt der Verpackung abweiche.

Optischer Größeneindruck einer Verpackung für viele Verbraucher entscheidend

Ein nennenswerter Teil der Verbraucher ginge hier aufgrund der konkreten Ausgestaltung der Verpackung von einer größeren Füllmenge aus als tatsächlich in ihr enthalten sei. Da der Verbraucher Einbuchtung und Verjüngung des inneren Plastikbehälters vor dem Öffnen nicht wahrnehmen könne, werde die Fehlvorstellung entwickelt, dass Volumen und Gewicht der Füllmenge dem äußeren Erscheinungsbild entsprächen. Der Eindruck einer größeren Füllmenge werde noch verstärkt durch Konkurrenzprodukte, die trotz größeren Füllgewichts eine kleinere Verpackung aufwiesen. Die beiden Gewichtsangaben auf der Banderole der Verpackung und auf der Deckelfolie stünden der Eignung zur Irreführung nicht entscheidend entgegen. Die Verpackung sei insgesamt nicht so ausgestaltet, dass der situationsadäquat aufmerksame Verbraucher die Gewichtsangabe zwangsläufig wahrnehme. Es bestehe vielmehr die Gefahr, dass ein erheblicher Anteil der Verbraucher bei einem entsprechenden Einkauf die Gewichtsangabe entweder nicht zur Kenntnis nehme oder dennoch die Entscheidung alleine nach dem optischen Größeneindruck fälle.

§ 7 EichG: Anforderungen an Fertigpackungen

(2) Fertigpackungen müssen so gestaltet und befüllt sein, dass sie keine größere Füllmenge vortäuschen, als in ihnen enthalten ist.

§ 11 LFGB: Vorschriften zum Schutz vor Täuschung

(1) Es ist verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder für Lebensmittel allgemein oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben. Eine Irreführung liegt insbesondere dann vor, wenn

1. bei einem Lebensmittel zur Täuschung geeignete Bezeichnungen, Angaben, Aufmachungen, Darstellungen oder sonstige Aussagen über Eigenschaften, insbesondere über Art, Beschaffenheit, Zusammensetzung, Menge, Haltbarkeit, Ursprung, Herkunft oder Art der Herstellung oder Gewinnung verwendet werden, [...]

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 28.11.2012
Quelle: Oberlandesgericht Karlsruhe/ra-online

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