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Ein Bundesland haftet nicht für Unfälle auf so genanntem Flüsterasphalt. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden. Es ist nicht erwiesen, dass Flüsterasphalt wegen der lärmmindernden Hohlräume nicht griffig genug ist.
Die Klägerin verlangt von dem beklagten Land Baden-Württemberg Schadensersatz aus Amtshaftung wegen eines Verkehrsunfalls, das beklagte Land verlangt von der Klägerin und ihrem Ehemann sowie der Kfz-Versicherung widerklagend Schadensersatz für die Beschädigung von Verkehrsschildern, Leitplanke und Baken.
Der Ehemann der Klägerin fuhr mit ihrem Pkw Ford Escort im Juli 2001 auf der BAB 8 von Karlsruhe in Richtung Stuttgart. Um die Autobahn über die Ausfahrt Karlsbad zu verlassen, ordnete er sich rechts auf der Ausfahrtsspur mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h ein. Er geriet auf der nassen Fahrbahn ins Schleudern und prallte gegen mehrere Verkehrsleiteinrichtungen, die beschädigt wurden. Der der Klägerin durch den Unfall entstandene Schaden beträgt 6.211,44 Euro, wovon sie die Hälfte mit der Klage geltend macht. Dem beklagten Land entstand ein Sachschaden von 1.636,15 Euro.
Die Klägerin hat behauptet, ihr Ehemann habe wegen eines sehr langsam vor ihm von der rechten Fahr- auf die Verzögerungsspur wechselnden Fahrzeugs eine Vollbremsung einleiten müssen. Daraufhin sei er aufgrund des an der Unfallstelle vorhandenen Flüsterasphalts geschleudert, der durch die vorhandene Nässe äußerst glatt geworden sei und deshalb nicht die gebotenen Griffigkeitswerte aufgewiesen habe. Die Gefährlichkeit des Fahrbahnbelags sei dem beklagten Land aufgrund mehrerer darauf zurückzuführender Verkehrsunfälle bekannt gewesen. Das beklagte Land hat eingewandt, der Fahrbahnbelag habe die nach dem offiziellen SCRIM-Verfahren erforderliche Griffigkeit aufgewiesen. Der Unfall sei auf nicht angepasste Geschwindigkeit zurückzuführen.
Das Landgericht Karlsruhe hat nach Einholung eines Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen, der Schadensersatzklage des Landes jedoch stattgegeben. Die Berufung der Eheleute und ihrer Versicherung zum Oberlandesgericht Karlsruhe blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin kann vom beklagten Land keinen Schadensersatz verlangen, denn sie hat nicht nachgewiesen, dass der Fahrbahnbelag auf dem Verzögerungsstreifen auf der BAB 8 an der Anschlussstelle Karlsbad am 07.07.2001 nicht die erforderliche Griffigkeit aufwies. Das Landgericht hat aufgrund des Gutachtens festgestellt, dass nicht bewiesen sei, dass die Unfallstelle mit einem unzureichend griffigen Straßenbelag versehen war und der Verkehrsunfall des Ehemannes deshalb auf mangelhaften Straßenbau mit zurückzuführen ist. Konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der durch das Landgericht getroffenen Feststellungen begründen, sind nicht ersichtlich. Der Sachverständige hat ausgeführt, dass bei seiner Untersuchung nach dem SCRIM-Verfahren am 27.07.2004 die Verzögerungsspur über ein hohes Griffigkeitsniveau verfügt habe und dass es aufgrund dessen und aufgrund von Plausibilitätsbetrachtungen unvorstellbar erscheine, dass der Belag zum Zeitpunkt des Unfalls im Jahr 2001 keine ausreichende Griffigkeit aufgewiesen habe. Für ein Gefälligkeitsgutachten gibt es keinerlei Hinweise. Der Sachverständige hat auch dem Umstand Rechnung getragen, dass es zum Unfallzeitpunkt regnete. Das beklagte Land hat unwidersprochen vorgetragen, dass bei dem angewandten SCRIM-Meßverfahren ein künstliches Nässeverhältnis durch Besprühen der Fahrbahn hergestellt wird, wie es der Sachverständige auch anlässlich des Ortstermins dargestellt hat.
Zweifel an der Feststellung des Landgerichts wecken auch nicht die nach dem Unfall und der SCRIM-Untersuchung getroffenen Maßnahmen des beklagten Landes (Geschwindigkeitsbeschränkung, Aufrauhen der Fahrbahnoberfläche, Auswechslung des Belages). Denn das beklagte Land hat vorgetragen, dass die Maßnahmen nur vorsichtshalber aufgrund problematischer Griffigkeitswerte auf einzelnen Durchgangsfahrbahnen der BAB 8 getroffen worden seien. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen sei der gesamte Abschnitt einschließlich des Verzögerungsstreifens erneuert worden, obwohl dies auf dem Verzögerungsstreifen nicht erforderlich gewesen wäre. Dieser Vortrag deckt sich mit dem Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen, der nur auf den Fahrstreifen teilweise eine Unterschreitung des Warnwertes - allerdings auch dort keine Unterschreitung des zum Eingreifen zwingenden Schwellenwertes - gemessen hat. Ein weiteres Gutachten ist nicht einzuholen. Es liegen keine Hinweise vor, dass das Gutachten unrichtig oder unvollständig ist oder dass der Sachverständige nicht die erforderliche Sachkunde besitzen könnte.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 31.08.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OLG Karlsruhe vom 11.08.2006
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Dokument-Nr. 2916
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