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Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 30.05.2011
I-3 U 205/10 -

Fehlende Risikoaufklärung über Auftreten einer Zahnmarkentzündung nach Einsatz eines Veneers kann Haftung auf Zahlung von Schmerzensgeld begründen

Schmerzhafte Abszessbildungen, dauerhafte thermische Empfindlichkeit und möglicher Verlust der Zähne aufgrund einer Zahnmarkentzündung rechtfertigt Schmerzensgeld von 8.000 Euro

Klärt ein Zahnarzt nicht darüber auf, dass nach dem Einsatz eines Veneers eine Zahnmarkentzündung (Pulpitis) auftreten kann, kann dies eine Haftung auf Zahlung von Schmerzensgeld begründen. Kommt es aufgrund der Zahnmarkentzündung zu schmerzhaften Abszessbildungen, einer dauerhaften thermischen Empfindlichkeit und zu einem möglichen Verlust der behandelten Zähne kann dies ein Schmerzensgeld von 8.000 Euro rechtfertigen. Dies geht aus einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall wurde bei einer Frau Anfang 2008 Veneers an den Oberkieferzähnen eingesetzt. Da es nachfolgend zu einer chronischen Zahnmarkentzündung mit unangenehmen Folgen kam, klagte die Frau gegen den Zahnarzt auf Zahlung von Schmerzensgeld. Sie warf dem Zahnarzt unter anderem eine unzureichende Risikoaufklärung vor. So sei insbesondere nicht über ein mögliches Auftreten einer Zahnmarkentzündung aufgeklärt worden.

Landgericht weist Schmerzensgeldklage ab

Das Landgericht Essen wies die Schmerzensgeldklage ab. Seiner Ansicht nach habe der Beklagte nicht auf die Möglichkeit einer Zahnmarkentzündung hinweisen müssen, da es sich um ein fernliegendes und keinesfalls typisches Risiko gehandelt habe. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein.

Oberlandesgericht bejaht Schmerzensgeldanspruch

Das Oberlandesgericht Hamm entschied zu Gunsten der Klägerin und hob daher die Entscheidung des Landgerichts auf. Der Klägerin stehe ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu, da dem Beklagten eine Verletzung der Aufklärungspflicht vorzuwerfen sei.

Keine Aufklärung über Möglichkeit einer Zahnmarkentzündung

Der Beklagte habe die Klägerin nicht über das Risiko einer Zahnmarkentzündung aufgeklärt, so das Oberlandesgericht. Auch über seltene Risiken müsse aufgeklärt werden, sofern sie, wenn sie sich verwirklichen, die Lebensführung schwer belasten und trotz ihrer Seltenheit für den Eingriff spezifisch und für den Laien überraschend seien. So lag der Fall hier. Ohnehin ging das Oberlandesgericht aufgrund des Sachverständigengutachtens davon aus, dass das Auftreten einer Zahnmarkentzündung ein typisches und spezifisches Risiko beim Einsetzen von Veneers sei.

Schmerzensgeld von 8.000 Euro

Das Oberlandesgericht erachtete ein Schmerzensgeld von 8.000 Euro für angemessen. Es berücksichtigte dabei, dass es zweimal zu schmerzhaften Abszessbildungen und dadurch bedingten weiteren zahnärztliche Behandlungen kam. Für besonders gewichtig hielt das Gericht, dass die Klägerin aufgrund der chronischen Zahnmarkentzündung unter einer dauerhaften thermischen Empfindlichkeit litt und dass im Bereich der behandelten Zähne regelmäßig Rötungen und Schwellungen auftraten. Nicht unberücksichtigt blieb zudem, dass die Klägerin mit der Sorge habe leben müssen, dass die behandelten Zähne möglicherweise dauerhaft aufgrund der Entzündung nicht zu erhalten gewesen seien.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.02.2018
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Essen, Urteil vom 22.09.2010
    [Aktenzeichen: 1 O 89/10]
Aktuelle Urteile aus den Rechtsgebieten:
Fundstellen in der Fachliteratur:
  • VersR 2011, 1451Zeitschrift für Versicherungsrecht, Haftungs- und Schadensrecht (VersR), Jahrgang: 2011, Seite: 1451

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