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Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 02.09.2021
4 RVs 84/21 -

Eltern können sich wegen Tätowierung des minderjährigen Kindes wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar machen

Tätowiergerät kann je nach Verwendung gefährliches Werkzeug sein

Tätowieren Eltern ihr minderjähriges Kind, kann dies eine Strafbarkeit wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß § 224 Nr. 2 StGB begründen. Denn ein Tätowiergerät kann je nach Verwendung ein gefährliches Werkzeug darstellen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli/August 2019 tätowierte eine Mutter ihr 14-jähriges Kind. Zwar besaß sie zusammen mit dem Kindesvater das gemeinsame Sorgerecht, jedoch war das Jugendamt für die Bereiche Gesundheitsfürsorge und Aufenthaltsbestimmungsrecht als Ergänzungspfleger bestellt. Eine Einwilligung zum Tätowieren lag nicht vor. Das Landgericht Detmold verurteile die Kindesmutter aufgrund dessen wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten. Es sah in dem Tätowiergerät ein gefährliches Werkzeug. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Revision der Kindesmutter.

Tätowiergerät kann je nach Verwendung gefährliches Werkzeug sein

Das Oberlandesgericht Hamm entschied, dass die bisherigen Feststellungen des Landgerichts die Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung nicht tragen. Ein Tätowiergerät könne zwar ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 224 Nr. 2 StGB sein. Es komme dabei aber auf die konkrete Verwendung an. Es müsse nach der konkreten Art der Verwendung die Eignung bestehen, die Funktionen oder das Erscheinungsbild des Körpers so einschneidend zu beeinträchtigen, dass der Verletzte schwer getroffen ist und beträchtlich darunter zu leiden hat.

In der Regel keine erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes und keine erhebliche Leiden

Eine Tätowierung könne nach Ansicht des Oberlandesgerichts nach den heute gesellschaftlich allgemein vorherrschenden Vorstellungen nicht an sich schon als erhebliche Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes angesehen werden. Auch werde durch das Tätowieren nicht an sich schon erhebliche Leiden hervorgerufen. Es erscheine aber eine Eignung zum Hervorrufen erheblicher Verletzungen denkbar, wenn das Tätowiergerät nicht ausreichend desinfiziert wurde und es deswegen zu schwerwiegenden Entzündungen kommt oder wenn sie in der Hand eines Ungeübten falsch verwendet wird und deswegen gravierendere Verletzungen hervorruft. Solche Feststellungen habe das Landgericht hier aber nicht getroffen.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 05.10.2021
Quelle: Oberlandesgericht Hamm, ra-online (vt/rb)

Vorinstanz:
  • Landgericht Detmold, Urteil
    [Aktenzeichen: 25 Ns 70/20]
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