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Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 08.11.2013
26 U 62/12 -

Missachtung von Hygienevorschriften: Patient hat bei Infektion mit multiresistenten Staphylokokken Anspruch auf Schadensersatz

Abstöpseln einer Infusion ohne vorherige Desinfektions­maßnahmen stellt groben Behandlungsfehler dar

Ein Patient, der sich im Krankenhaus mit MRSA-Keimen (multiresistenten Staphylokokken) infiziert, weil ein Kranken­pflege­schüler beim Entfernen einer Infusionskanüle die Hygienevorschriften verletzt, hat Anspruch auf Schmerzensgeld. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm.

Der heute 58jährige Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls, ein Elektriker aus Brilon, befand sich im März 2008 in stationärer Behandlung im beklagten Krankenhaus in Brilon. Zur Behandlung eines Tinnitus erhielt er Infusionen über eine an seinem linken Arm gelegte Venenverweilkanüle. Nachdem ein Krankenpflegeschüler diese gezogen hatte, erlitt der Kläger eine MRSA-Infektion, die er auf nicht eingehaltene Hygienevorschriften beim Entfernen der Kanüle zurückgeführt hat. Der Krankenpflegeschüler hatte die Infusionsnadel beim Patienten gezogen und dabei - vorschriftswidrig - dieselben Handschuhe getragen, mit denen er zuvor bereits einen Mitpatienten versorgt hatte. Infolge der Infektion litt der Kläger über Monate unter heftigen Schmerzen und zog sich einen Abszess im Bereich der Lendenwirbelsäule zu, der operativ versorgt werden musste. Er verlangte daraufhin vom beklagten Krankenhaus Schadensersatz, u.a. ein angemessenes Schmerzensgeld.

Abstöpseln der Infusion ohne vorherige Desinfektionsmaßnahmen ist grob behandlungsfehlerhaft

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Hamm und sprach dem Kläger 40.000 Euro Schmerzensgeld zu. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stehe fest, dass der Kläger die MRSA-Infektion erlitten habe, weil er im Krankenhaus der Beklagten grob fehlerhaft behandelt worden sei. Der Krankenpflegeschüler habe beim Entfernen der Infusionskanüle grundlegende Hygienevorschriften verletzt, weil er es versäumt habe, die Handschuhe zu wechseln, mit denen er zuvor einen Mitpatienten versorgt hatte. Diesen Ablauf habe der Kläger im Prozess bewiesen. Das Abstöpseln der Infusion ohne vorherige Desinfektionsmaßnahmen sei nach den Gutachten des medizinischen Sachverständigen grob behandlungsfehlerhaft.

Grober Behandlungsfehler führt zur Beweislastumkehr

Durch den Behandlungsfehler sei der Kläger mit den MRSA-Keimen infiziert worden. Der Sachverständige habe bestätigt, dass die Einstichstelle der Kanüle eine "Eintrittspforte" für Keime sei und der Behandlungsfehler zur Infektion des Klägers mit den danach aufgeführten Komplikationen geführt haben könne. Eine weitere Ursächlichkeit des Behandlungsfehlers für die Infektion müsse der Kläger nicht nachweisen, der grobe Behandlungsfehler führe insoweit zu einer Beweislastumkehr.

Arbeitsunfähig infolge der Infektion ist bei Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes sei zu berücksichtigen, dass der Kläger infolge der Infektion arbeitsunfähig geworden sei. Sie habe zu schwerwiegenden Komplikationen geführt und langandauernde ärztliche Behandlungen erforderlich gemacht.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.02.2014
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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