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Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 21.04.2018
10 W 63/17 -

Hoferbe kann auch nach Verlust der Hofeigenschaft zum Alleinerben werden

Im notariellen Erbvertrag enthaltene Hoferbenbestimmung sieht Hoferben auch nach Verlust der Hofeigenschaft als Rechtsnachfolger des Erblassers

Eine Hoferbenbestimmung kann bedeuten, dass ein zum Hoferben bestimmter Rechtsnachfolger Alleinerbe des Erblassers werden soll, wenn der landwirtschaftliche Betrieb die Hofeigenschaft im Sinne der Höfeordnung (HöfeO) verliert. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm und änderte damit die erstinstanzliche Entscheidung des Amtsgerichts Paderborn ab.

Der im Januar 2016 im Alter von 93 Jahren verstorbene Erblasser war Eigentümer eines Hofes in Hövelhof, der im Grundbuch als Hof im Sinne der HöfeO verzeichnet war. Zum Hof gehörte ursprünglich eine landwirtschaftliche Nutzfläche von ca. 100 ha, auf der der Erblasser vorwiegend Ackerbau betrieb. Seit den 1970er Jahren verkaufte der Erblasser Ackerflächen, so dass zu seinem Betrieb zuletzt nur noch ca. 13 ha Ackerfläche und ca. 7,5 ha Forst gehörten. Seit dem Jahr 2000 ist die landwirtschaftliche Betriebsfläche an den heute 62 Jahre alten Antragsteller, den Sohn eines verstorbenen Vetters des Erblassers, verpachtet. Der Antragsteller ist ausgebildeter Landwirt und Inhaber eines benachbarten Hofes im Sinne der HöfeO. Der Betrieb des Erblassers verfügte bei seinem Tode über kein Inventar mehr, die zu ihm gehörenden Gebäude hatte der Erblasser weitgehend gewerblich vermietet, die große Diele seines Wohnhauses zu einem Veranstaltungsraum umgebaut und an ein örtliches Cateringunternehmen verpachtet. Seinen Lebensunterhalt bestritt der Erblasser zuletzt im Wesentlichen aus Miet- und Pachteinnahmen.

Erblasser setzt Antragsteller zum Hoferben ein

Im Jahr 2005 schloss der Erblasser mit seinen Geschwistern einen notariellen Erbvertrag, mit dem er ihnen das Miteigentum an zwei Baugrundstücken vermachte. Mit dem Antragsteller schloss der Erblasser im Jahr 2007 einen weiteren Erbvertrag, indem er den Antragsteller zum Hoferben einsetzte. Im Gegenzug verpflichtete sich der Antragsteller, an den Erblasser eine monatliche Rente in Höhe von 850 Euro zu zahlen. Diese Verpflichtung erfüllte der Antragsteller bis zum Tode des Erblassers.

Antragsgegnerin verweist auf Verlust der Hofeigenschaft

Nach dem Tode des Erblassers beantragte der Antragsteller das Ausstellen eines Hoffolgezeugnisses, nach welchem er mit dem im Jahr 2007 abgeschlossenen Erbvertrag zum alleinigen Hoferben berufen worden sei. Die Antragsgegnerin aus Köln ist eine von sechs Nichten und Neffen des Erblassers. Sie hat die Auffassung vertreten, dass der Antragsteller kein Hoferbe geworden sei, weil der Hof des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes kein Hof im Sinne der HöfeO mehr gewesen sei. Vielmehr sei der Erblasser im Wege der gesetzlichen Erbfolge von seinen Nichten und Neffen beerbt worden.

AG geht von bestehender Hofeigenschaft aus

Das Amtsgericht Paderborn (Landwirtschaftsgericht) folgte dem Antrag des Antragstellers und erachtete die zur Erteilung des begehrten Hoffolgezeugnisses erforderlichen Tatsachen für festgestellt. Es war der Auffassung, dass die aus dem Grundbucheintrag folgende Vermutung dafür, dass der Hof des Erblassers nach wie vor ein Hof im Sinne der HöfeO sei, nicht widerlegt sei. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Hofeigenschaft außerhalb des Grundbuchs durch eine endgültige Betriebsaufgabe verloren gegangen sei.

Abgeschlossene Erbvertrag lässt Hofeigenschaft der Besitzung nicht wieder aufleben

Das Oberlandesgericht Hamm überprüfte die erstinstanzliche Entscheidung aufgrund einer von der Antragsgegnerin erhobenen Beschwerde und änderte sie ab. Nach der Entscheidung des Oberlandesgerichts könne dem Antragsteller kein Hoffolgezeugnis erteilt werden. Bei dem vom Erblasser hinterlassenen landwirtschaftlichen Besitz handele es sich nicht mehr um einen Hof im Sinne der HöfeO, so das Gericht. Auch wenn weiterhin ein Hofvermerk im Grundbuch eingetragen sei, bestehe kein Hof im Sinne der HöfeO mehr, wenn die landwirtschaftliche Betriebseinheit auf Dauer aufgelöst sei. Dies sei vorliegend der Fall, denn der Erblasser habe schon im Jahr 2000 und damit einige Jahre vor Abschluss des Erbvertrages mit dem Antragsteller die Bewirtschaftung seines landwirtschaftlichen Betriebes endgültig aufgegeben. Der mit dem Antragsteller im Jahr 2007 abgeschlossene Erbvertrag, der von einem fortbestehenden Hof im Sinne der HöfeO ausgehe, lasse die Hofeigenschaft der Besitzung nicht wieder aufleben.

Hoferbe ist dennoch als Alleinerbe anzusehen

Allerdings sei einem vom Antragsteller im vorliegenden Verfahren gestellten Hilfsantrag zu folgen, nach welchem der Antragsteller das Ausstellen eines Erbscheins beantrage, der ihn nach allgemeinem Erbrecht (und nicht nach dem Sondererbrecht der HöfeO) als Alleinerben ausweise. Die im notariellen Erbvertrag enthaltene Hoferbenbestimmung sei im vorliegenden Fall dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller Rechtsnachfolger des Erblassers auch für den Fall werden sollte, dass der landwirtschaftliche Besitz die Hofeigenschaft im Sinne der HöfeO verloren habe. Die für die Auslegung maßgeblichen Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses sprächen dafür, die Erbeinsetzung des Antragstellers auch für den Fall anzunehmen, dass der Erblasser den Wegfall der Hofeigenschaft seines Besitzes erkannt und beim Abschluss des Erbvertrages bedacht hätte. Es sei ihm darum gegangen, seinen Nachlass im Ganzen zu erhalten und nicht durch eine - im Wege der gesetzlichen Erbfolge eintretende - Aufteilung an seine Nichten und Neffen zu zersplitterten. Den Nachlass habe zudem der Antragsteller erhalten sollen, mit dem eine monatliche Zahlung in Höhe von 850 Euro vereinbart worden sei. Dem Antragsteller sei daher nach allgemeinem Erbrecht ein Erbschein zu erteilen, der ihn als Alleinerben des Erblassers ausweise.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 17.04.2018
Quelle: Oberlandesgericht Hamm/ra-online

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