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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 09.05.2017
4 U 233/16 -

Fahrradfahrer haftet überwiegend für Unfall mit Fußgänger bei verbotswidriger Nutzung eines Fahrrad-Schutzstreifens in Gegenrichtung

Fußgänger müssen nicht mit einem verbotswidrig herannahenden Radfahrer rechnen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat auf die erhöhten Sorgfalts­anforderungen hingewiesen, die einen Fahrradfahrer treffen, der einen sogenannten Fahrrad-Schutzstreifen in Gegenrichtung befährt.

Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls nimmt den Beklagten auf Schmerzensgeld und weiteren Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Unfall in Anspruch. Der beklagte Fahrradfahrer fuhr in Gegenrichtung auf einem Fahrrad-Schutzstreifen in der belebten Innenstadt von Frankfurt am Main. Seine Geschwindigkeit betrug 10-12 km/h. Der Kläger wollte als Fußgänger diesen Schutzstreifen in der Nähe eines Fußgängerüberweges überqueren. Bei diesem Versuch wurde er von dem Fahrrad des Beklagten niedergerissen. Beide Parteien hatten sich vor dem Unfall nicht wahrgenommen. Der Kläger stürzte und erlitt unter anderem einen schmerzhaften Gelenkbruch. Der Beklagte ist nicht haftpflichtversichert.

LG bejaht Schadensersatzanspruch in Höhe von 5.000 Euro

Das Landgericht Frankfurt am Main sprach dem Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 Euro sowie weiteren Schadensersatz zu. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Unfall auf ein ganz überwiegendes Fehlverhalten des Fahrradfahrers zurückzuführen sei.

Fahrrad-Schutzstreifen wurde verbotswidrig genutzt

Die hiergegen gerichtete Berufung hielt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main für unbegründet. Auf einen entsprechenden Hinweis hin hat der Beklagte nunmehr seine Berufung zurückgenommen. Das Oberlandesgericht betonte in diesem Hinweisbeschluss, dass der Beklagte den Fahrrad-Schutzstreifen verbotswidrig genutzt habe. Er habe gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Dieses Fehlverhalten löse gesteigerte Sorgfaltspflicht aus. Der Beklagte habe deshalb insbesondere darauf achten müssen, ob Fußgänger von - aus seiner Sicht - links die Straße überqueren wollen. Diese Fußgänger müssten nicht mit einem von rechts verbotswidrig herannahenden Radfahrer rechnen. Dies gelte in besonderer Weise im Bereich einer Einbahnstraße, da dort kein Autoverkehr von rechts drohe. Außerdem müssten Fahrradfahrer in der Innenstadt grundsätzlich ihre Fahrweise auf ein erhöhtes Fußgängeraufkommen einrichten.

Fußgänger trifft Mitverschulden von 10 %

Der Beklagte sei zudem in der konkreten Situation zu schnell gefahren. Er hätte die Gefährdung insbesondere älterer Menschen ausschließen müssen. Dies sei hier bei der Geschwindigkeit von 10-12 km/h nicht möglich gewesen. Da der Beklagte über keine Haftpflichtversicherung verfüge, hafte er persönlich für die Unfallfolgen. Den klagenden Fußgänger treffe jedoch ein Mitverschulden von 10 %, da er die Straße nicht auf dem 6-8 m von der Unfallstelle entfernten Fußgängerüberweg überquert habe.

Erläuterungen:

Fahrrad-Schutzstreifen sind Teil der Fahrbahn und werden durch eine dünne, unterbrochene Linie gekennzeichnet. Sie sind mit einem Fahrrad-Piktogramm versehen. Autos dürfen auf diesem Streifen kurzzeitig halten und ihn ausnahmsweise befahren, wenn die Straße andernfalls zu eng ist. Parken ist untersagt.

Fahrrad-Streifen werden dagegen von der Fahrbahn durch eine dicke, durchgezogene Linie getrennt und ebenfalls mit einem Fahrrad-Piktogramm versehen. Autos dürfen diese Streifen weder befahren noch auf ihnen halten oder parken.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 19.06.2017
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main/ra-online

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