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Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 28.04.2022
16 W 48/21 -

Kein Unterlassungs­anspruch gegen Boulevardzeitung wegen Äußerung zu Spionage-Aktivitäten eines russischen Fernsehsenders

Aussage angesichts des Gesamtzusammenhangs stellt zulässige Meinungsäußerung dar

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat eine Beschwerde der Betreiberin des deutschen Angebots eines russischen Fernsehsenders gegen einzelne Äußerungen in einem Artikel in einer Boulevardzeitung ganz überwiegend zurückgewiesen. So sei insbesondere die Aussage, dass sich der Fernsehsender an Spionage-Aktivitäten auf deutschem Boden beteilige, angesichts des Gesamtzusammenhangs als zulässige Meinungsäußerung einzuordnen.

Die Antragstellerin betreibt das deutschsprachige Programmangebot eines russischen Fernsehsenders. Sie wendet sich gegen Äußerungen in einem von der Antragsgegnerin veröffentlichten Artikel in einer deutschen Boulevardzeitung unter der Überschrift: "Kremlsender-Reporter gesteht in ... Ich sollte Nawalny ausspionieren". Das Landgericht hatte im Eilverfahren den auf Unterlassung zahlreicher Äußerungen gerichteten Antrag mit Ausnahme einer Aussage zurückgewiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin blieb vor dem OLG überwiegend erfolglos.

Keine Verletzung des Unternehmenspersönlichkeitsrechts

Die Antragstellerin sei insbesondere nicht in ihrem Unternehmenspersönlichkeitsrecht rechtswidrig verletzt worden, soweit es in dem Artikel heiße: "Sie beteiligen sich auch an Spionage-Aktivitäten auf deutschem Boden", stellte das OLG fest. Zu Recht habe das Landgericht diese Aussage angesichts des maßgeblichen Gesamtzusammenhangs als Meinungsäußerung eingeordnet. Dem Sinngehalt der Aussage entnehme der Durchschnittsleser, dass die Antragstellerin am Ausspionieren von Nawalny während seines Krankenhausaufenthaltes in der Berliner Charité mitgewirkt haben soll. Der inhaltliche Schwerpunkt der Äußerung liege aber nicht auf konkreten, nachvollziehbaren Vorgängen. Es überwiege vielmehr der Wertungscharakter.

Eingriff in Geschäftsehre und soziale Anerkennung durch Schutzinteressen der Antragsgegnerin gerechtfertigt

Der mit der Aussage verbundene Eingriff in die Geschäftsehre und soziale Anerkennung der Antragstellerin sei durch überwiegende Schutzinteressen der Antragsgegnerin gerechtfertigt. Die Abwägung zwischen dem Recht auf Schutz der sozialen Anerkennung der Antragstellerin und dem Schutz der Kommunikations- und Pressefreiheit der Antragsgegnerin gehe zu Gunsten der Antragsgegnerin aus. Der Artikel liefere einen Beitrag zum geistigen Meinungskampf in einer die Öffentlichkeit wesentlich berührenden Frage, so dass bereits eine Vermutung für die Zulässigkeit spreche.

Anknüpfungstatsachen gegeben

Diese Vermutung würde nur dann nicht gelten, wenn es keine Anknüpfungstatsachen gebe. Hier seien jedoch der streitgegenständlichen Berichterstattung entsprechende Anknüpfungstatsachen insbesondere in Form von Chat-Beiträgen, zitierten Anweisungen an den Mitarbeiter und Aussagen des Mitarbeiters zu entnehmen. Diese aufgeführten einzelnen Umstände habe die Antragstellerin auch nicht bestritten. Soweit die Anzahl der an einem Chat teilnehmenden Personen unrichtig angegebenen worden war, hat das OLG einen Unterlassungsanspruch dagegen zugesprochen.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 04.05.2022
Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/cc)

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