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Beim Verkauf eines als «Lagerfahrzeug» im Vertrag bezeichneten Wagens muss es sich nicht um einen Neuwagen handeln. Zusammen mit der Angabe «Modelljahr 2002» werde vielmehr ein Fahrzeug umschrieben, das irgendwann in der Zeit, in der dieses Modell produziert wurde, hergestellt worden ist und seitdem auf Lager gestanden hat. Dies hat das Oberlandesgericht Braunschweig in einem aktuellen Urteil entschieden.
Der Kläger machte Gewährleistungsrechte aus einem mit dem Beklagten im Jahr 2004 abgeschlossenen Kaufvertrag über einen Pkw geltend. In dem Vertrag wurde der Wagen als «Import-Fahrzeug» sowie als «Lagerfahrzeug, Modelljahr 02» beschrieben. Er war zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch nie zum Verkehr zugelassen und entsprach dem aktuellen Modell, das im Oktober 2001 produziert wurde. Nachdem der Käufer den Verkäufer ohne Erfolg aufforderte, ihm ein Fahrzeug zu liefern, das allenfalls zwölf Monate alt sei, trat er vom Vertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises. Seiner Klage wurde stattgegeben. Der Verkäufer wandte sich mit einer Berufung gegen dieses Urteil und bekam vor dem OLG Braunschweig Recht.
Das Gericht entschied, die Berufung sei begründet. Dem Kläger stünden keine Gewährleistungsrechte wegen der Lagerzeit des erworbenen Fahrzeugs von 27 Monaten zu. Einen Anspruch auf Lieferung eines Neufahrzeugs, das nach der Rechtsprechung des BGH maximal zwölf Monate vor Kaufvertragsschluss produziert sein darf, habe der Käufer nicht. Denn der Kaufvertrag enthalte nach seinem Wortlaut keinerlei Hinweise darauf, dass es sich um einen Neuwagenkauf handeln sollte, so die Begründung. Der Begriff «neu» tauche an keiner Stelle auf.
Die Richter rügten die von der Vorinstanz vertretene Auffassung, dass auch ein nicht als neu verkauftes Lagerfahrzeug maximal 24 Monate alt sein dürfe. Da es sich hier nicht, wie beim Verkauf eines Neuwagens, um ein Standardgeschäft gehandelt habe, gäbe es dafür auch keine allgemeinen Regeln, so der Senat. Vielmehr sei der Vertrag nach den Umständen des Einzelfalls auszulegen. Die Richter stellten dabei darauf ab, dass der Begriff «Lagerfahrzeug» noch mit «Modelljahr 2002» konkretisiert wurde. Es handele sich bei dem gelieferten Pkw unstreitig um eine solches Fahrzeug, denn das Modelljahr falle nicht mit dem Kalenderjahr zusammen. Im KFZ-Handel sei es üblich, neue Modelle bereits in der zweiten Jahreshälfte des Vorjahres mit der Jahresbezeichnung des Folgejahres zu versehen.
Der Senat zog daraus die Schlussfolgerung, bei dem gelieferten Wagen handele es sich um ein vertragsgerechtes Fahrzeug, Daran ändere auch nichts, so das Urteil, dass zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses im Januar 2004 kein neueres Modell als das Modelljahr 2002 auf dem Markt war. Der Begriff «Lagerfahrzeug» und die fehlende Verwendung des Wortes «neu», zusammen mit der Angabe des Modelljahres 2002 würden ein Fahrzeug bezeichnen, das irgendwann in der Zeit, in der dieses Modell hergestellt wurde, auf Lager gestanden habe. Damit könne jeder Zeitraum seit der Modelleinführung im Jahr 2001 gemeint sein. Die Richter hätten bei ihrer Entscheidung auch berücksichtigt, so heißt es abschließend, dass der Käufer den Wagen zu einem Preis deutlich unter dem Listenpreis für Neufahrzeuge erstanden und damit einen Preisvorteil von 25 Prozent des Listenpreises erzielt habe.
Beim Verkauf eines „Lagerfahrzeuges“ ohne Hinweis auf einen Verkauf als Neuwagen handelt es sich nicht um ein Standardgeschäft, bei dem bestimmte Höchstgrenzen für eine noch vertragsgerechte Lagerzeit anzunehmen wären. Vielmehr ist für die Frage, ob die tatsächliche Lagerzeit (hier: 27 Monate) Gewährleistungsrechte begründet, der Vertrag nach den Umständen des Einzelfalles auszulegen.
Der Begriff „Lagerfahrzeug“ und die fehlende Verwendung des Begriffes „neu“ zusammen mit der Angabe „Modelljahr 2002“ bezeichnen ein Fahrzeug, das irgendwann in der Zeit, in der das „Modell 2002“ produziert wurde, sei es auch zu Beginn dieses Zeitraums, hergestellt wurde und seitdem, eventuell sogar seit Modelleinführung im Jahr 2001, auf Lager gestanden hat.
© kostenlose-urteile.de (ra-online GmbH), Berlin 29.08.2005
Quelle: ra-online
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Dokument-Nr. 914
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